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Gibt es eine Wiedereröffnung?
Das legendäre Sankt-Pauli-Museum hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich – und durchlebt sie auch weiterhin. Nachdem die Ausstellung 2019 ihren angestammten Platz neben der Davidwache verlassen musste, werden die Exponate des Museums an wechselnden Orten ausgestellt. Zurzeit (Stand September 2022) ist das St.-Pauli-Museum vorübergehend im Museum Lüneburg untergebracht. Aber auch dies ist nur eine befristete Lösung – die Zukunft ist ungewiss.
Die Geschichte des Sankt-Pauli-Museums
Erste Ideen zur Gründung einer Dauerausstellung mit Ausstellungsstücken, die untrennbar mit dem Stadtteil St. Pauli verbunden sind, gab es bereits Anfang der 1980er Jahre. Der Hamburger Buchautor, Journalist und Fotograf Günter Zint versuchte ab 1982 immer wieder, seine Sammlung von Fotos, Dokumenten und Exponaten in einem Museum unterzubringen, was jedoch immer wieder aufgrund mangelnder Finanzierbarkeit fehlschlug. Zur Gründung kam es 1988, aber erst drei Jahre später konnte der Verein "Kultur für St. Pauli e.V." erste Ausstellungsräume beziehen. Dies geschah anlässlich des 100. Geburtstages von Hans Albers in Räumlichkeiten des "Schmidts Tivoli" am Spielbudenplatz. Im Jahr 1993 konnte das Museum in ein Gebäude gegenüber des Hamburger Panoptikums ziehen, welches mit dem Sankt-Pauli-Museum seit jeher eng verbunden war.
Die Ära Davidstraße 17
Im Jahr 1996 wurde der Spielbudenplatz durch eine Neugestaltung einem Umbau unterzogen. Das Sankt-Pauli-Museum musste deshalb die bisherigen Räume verlassen und fand danach drei provisorische Unterkünfte, bis man im Jahr 2010 eine dauerhafte Adresse direkt neben der Davidwache nutzen konnte. Ein ehemaliges McDonald's‑Gebäude konnte nach einem Umbau bezogen werden, was von Sponsoren, dem Round Table auf St. Pauli, Vereinsmitgliedern, einem Bürgerverein sowie Anwohnern und weiteren Förderern finanziell unterstützt wurde. Darüber hinaus half auch die Stadt Hamburg mit einem Zuschuss. Bereits im Jahr 2005 wurde für den Unterhalt des Museums der Trägerverein Sankt Pauli Museum e.V. gegründet, in dem neben Günter Zint auch Willi Bartels und Ernst Bader als Ehrenpräsidenten wirkten.
Im Jahr 2019 sah sich der Trägerverein mit einer drastischen Mieterhöhung konfrontiert, sodass die Räumlichkeiten in der Davidstraße 17 nicht mehr zu halten waren. Zum Erhalt des Museums bot die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte 20.000 Euro auf, mit dieser Summe sollten die Mehrkosten aufgefangen werden. Der Mietvertrag war jedoch zu diesem Zeitpunkt seitens des Trägervereins bereits gekündigt worden, und so musste man sich auf die Suche nach neuen Räumlichkeiten begeben. Hinzu kam, dass der St. Pauli Museum e.V. bis zu jenem Zeitpunkt weit über 60.000 Euro Schulden angehäuft hatte.
Corona und das vorläufige Ende des Museums
Kurz nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie fand das Museum im Sommer 2020 eine neue Unterkunft am Nobistor. Jedoch blieben durch die Corona-Einschränkungen die Besucher und somit wichtige Einnahmen aus. Am 31. Oktober wurde die Schließung des Museums verkündet. Da der bisherige Trägerverein zahlungsunfähig war, wurde eine Günter-Zint-Stiftung gegründet, die finanziell durch Udo Lindenberg und weiteren Prominenten dafür Sorge tragen soll, dass das Sankt-Pauli-Museum weiterbetrieben werden kann.
Seit November 2021 befand sich das Museum fern der Heimat im Schwedenspeicher des Museums Stade, welches eine Etage für das Museum zur Verfügung gestellt hatte. Dort wurden die Exponate von November 2021 bis Juni 2022 ausgestellt. Seit Juli 2022 hat das Museum eine neue Heimat auf Zeit gefunden: Bis zum 9. Oktober 2022 kann das Sankt-Pauli-Museum im Museum Lüneburg im Foyer Wandrahmstraße besucht werden.
Dia aktuelle Ausstellung
Die vielbesuchten Führungen des Museums mit Olivia Jones oder der Burlesque-Tänzerin Eve Champagne, wie sie auf St. Pauli häufig stattfanden, sind im "Heimatmuseum ohne Heimat" derzeit nicht mehr möglich. Und dennoch bietet das Sankt-Pauli-Museum mit seinen derzeit rund 150 Ausstellungsstücken eine spannende Zeitreise durch den sündigen Stadtteil. Zu den Exponaten gehören z. B. die Bühnenkleider des 2011 verstorbenen Travestie-Stars Sylvin Rubinstein, der als jüdischer Widerstandskämpfer nach dem Zweiten Weltkrieg in Hamburg seine Heimat fand.
Die Schuhe von Hans Albers, erinnerungsträchtiges Holz aus dem Star-Club, Nippes aus dem Wohnzimmer von Domenica – dies und noch viel mehr ist im Sankt-Pauli-Museum zu bewundern. Die abwechslungsreiche Ausstellung wird ergänzt durch eine umfassende Fotosammlung von Günter Zint, der im Stadtteil zu tausenden Anlässen auf den Auslöser drückte. So sind die berühmten Leuchtreklamen des "Salambo" ebenso zu sehen wie die Reeperbahn im gleißenden Sonnenlicht. Insbesondere die Schwarzweiß-Fotos von damals noch unbekannten Musikern wie Jimi Hendrix oder John Lennon, mit denen Zint befreundet war, ziehen die Besucher in ihren Bann.
Die Ausstellungsstücke hatten Sammler wie Günter Zint geschenkt bekommen, wurden erstritten oder aus Dachboden-Nachlässen gerettet. Es handelt sich unbestritten um die weltgrößte Sankt-Pauli-Sammlung, die viele Geschichten erzählt – ein musealer Fundus voller Skurrilitäten und mitunter völlig banaler Schätze. Die Fotos und Ausstellungsstücke des Museumsgründers dokumentieren die Entwicklung Sankt Paulis bis in die heutige Zeit.
Bereits die Eröffnung des Museums vor über 30 Jahren in Anwesenheit von Paul McCartney ist selbstreferenzielle Geschichte des Stadtteils. Es gilt als öffentlich zugängliches Archiv und als Pop-up-Galerie und wurde während seines Bestehens eine feste Anlaufstelle für alle Mitbürger, die ihre historischen Exponate zur Verfügung stellen wollten, sich aber in staatlichen Archiven oder in den großen Museen nicht wohlfühlten.
Die Zukunft des Sankt-Pauli-Museums
Auch wenn es noch nicht absehbar ist, wie es mit dem Museum weitergehen soll: Für den Erhalt wird weiterhin gekämpft. Die Erkenntnis aus 30 Jahren Museums- und Kiezgeschichte lautet: Zint und seine Mitstreiter haben gerungen – erst um einen Museumsort, dann um dessen Erhalt, an dem der Reichtum an Geschichten und Kultur des Stadtteils bewahrt und weitergegeben werden kann. Heute arbeiten die Kuratorin Julia Schubert vom Stader Museum und die Historikerin Eva Decker aus dem Museum eine Wanderaustellung geschaffen, die derzeit in Lüneburg Station macht.
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Der Titel der Ausstellung "Der Rest vom Fest, aber nicht das Ende vom Lied – das Sankt-Pauli-Museum zu Gast in Lüneburg" spricht den innigen Wunsch aller Beteiligten aus, dass das Museum hoffentlich bald wieder eine feste Bleibe haben wird. Schließlich ist das St.-Pauli-Museum mittlerweile ein Stück Stadtgeschichte Hamburgs. Wie heißt es doch so schön in der Titelzeile der Museums-Homepage: "Es wird ein neues Museum geben! Früher oder später…" Wer weiß – vielleicht sogar mit Olivia Jones oder Eve Champagne.
Abschließend noch folgender Hinweis: Das Sankt-Pauli-Museum wird bis zum 9. Oktober 2022 in Lüneburg für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Am Abschlusstag folgt dann eine große Versteigerung, bei der die Ausstellungsvitrinen zum Verkauf angeboten werden. Als Auktionator wird dann ein Überraschungsgast erscheinen. Um wen es sich handelt, haben die Veranstalter noch nicht verraten.