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Die Spielbeziehung – Spiel oder Lebenseinstellung?
„Ja, Herr“ – „Danke, Herr“. Geflügelte Worte.
Worte, welche in meinem Freundeskreis teilweise schon mit einem Grinsen auf den Lippen verwendet werden. Warum ist das so? Wann ist eine Spielbeziehung ernst zu nehmen?
Gestern Abend führte ich ein Gespräch mit zwei Nicht-SMern, denen ich versuchte, genau diese Art von SM zu „erklären“. Das tat ich ungefähr wie folgt: „Das ist deren Art des SM, sie sind Spieler. Sie leben als Mann und Frau im „richtigen“ Leben ganz normal zusammen, und wenn es ins Sexuelle geht, dann legen sie einen Hebel um und sind im Spielermodus."
Diese Ausführung bezog sich dabei auf ein ganz bestimmtes Pärchen. Ich fragte mich zeitgleich aber, wie viele da draußen wohl so leben – als Spieler. Ein Barkeeper, der in einem SM-Club arbeitete, erzählte mir einmal, dass es ihm mehr als einmal passiert sei, dass Frauen, mit denen er sich in einem Moment noch ganz normal unterhalten hatte, ihn im nächsten mit „Ja, Herr“ ansprachen. Sie schalteten plötzlich um, sie wechselten in einen anderen Modus. Mir selbst ist dasselbe Phänomen bei Männern ebenfalls aufgefallen. Die wenigsten begegneten mir von vornherein komplett fertig konditioniert, indem sie mich beispielsweise konsequent siezten (auch das kam vor, was ich persönlich jedoch ganz und gar nicht mag). Viele verhielten sich in einem Gespräch mit mir erst völlig normal, dann löste irgendetwas bei mir eine Veränderung aus – war es mein Blick? Meine Mimik? Meine Stimmlage – und plötzlich waren sie im Spielermodus und nannten mich Herrin.
Eine Spielbeziehung ist für mich kein authentisches BDSM
Warum belächle ich diese Art des SM? Weil sie für mich nicht authentisch ist. Ich selbst benutze für Sessions mehr als gerne das Wort Spielen, denn genau als das empfinde ich es – als ein wundervolles Spiel unter Erwachsenen. Aber ich muss mich dazu nicht in einen anderen „Modus“ begeben. Ich spreche niemanden im Spiel anders an als im normalen Leben – und ich möchte auch nicht plötzlich anders genannt werden. Noch weniger würde es mir einfallen, während einer Session plötzlich auf das Sie zu wechseln.
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Und wie bei fast allem kann man sich hier wieder über die Definition des Wortes streiten. Zwei Leute, die beide das Wort „spielen“ gebrauchen, können damit völlig unterschiedliche Dinge meinen. Der eine meint damit vielleicht „ich möchte etwas Ernstes, etwas Authentisches, ich möchte nicht bloß rummachen und rumspielen“. Der andere versteht darunter, so wie ich, vielleicht wirklich nur die reine Session, die halbe Stunde, Stunde oder auch Stunden oder Tage, in denen es zu einem gefühlsmäßigen Höhepunkt, einer Art „Spitze“ zwischen den Beteiligten kommt. Wieder andere leben ihren SM nicht immer, sondern haben ihn manchmal in der Spielbeziehung. Zur Befriedigung ihrer körperlichen oder auch ihrer geistigen Lust. Und noch andere unterscheiden, zwischen der ihnen emotional wichtigen Beziehung, Spielbeziehung und Rumspielerei, also Menschen, mit denen man hin und wieder etwas Spaß hat, ohne dass es „mehr“ ist.
Ich liebe das echte Machtgefälle, keine "Spielchen"
Eine kleine Geschichte: Ich war kürzlich in einem SM-Club, traf dort jemanden zum wiederholten Male, dem der Wunsch nach einem „Spiel“ mit mir förmlich ins Gesicht geschrieben stand, und er gefiel mir, so kam er in die Situation, in die nur die Allerwenigsten jemals kommen – ich spielte mit ihm. Nur lasse ich mir niemals die Regeln von unten aufdiktieren, denn als D/S‑Anhängerin mag ich echte Machtgefälle, die muss ich nicht spielen.
Das Spiel gefiel ihm nicht, denn ich war es, die die Regeln machte. Es war keine Spielbeziehung. Die meisten Doms, die ich kenne, sind Wunscherfüller. Spieler. Es ist okay, aber es ist nicht „meins“. Mit dem jungen Mann aus dem Club werde ich nicht wieder spielen – ihm fehlt es in meinen Augen an Authentizität, er spielt den SM, er fühlt ihn nicht. Das ist für mich und meine Zwecke nicht kompatibel.
Selbst das Wort Spielbeziehung wird unterschiedlich definiert. Für die einen ist eine Spielbeziehung eine Vereinbarung mit einem Menschen, mit dem man sich zum Spielen, also für Sessions trifft, das mehr oder weniger regelmäßig, es aber keine tiefergehende emotionale Verbindung gibt. Die andere, weniger gebräuchliche Definition, die deswegen aber nicht unrichtiger ist, ist jene, die jede Beziehung, in der es auch zu Sessions kommt, in der also gespielt wird, als Spielbeziehung beschreibt.
Wer eine Spielbeziehung mag, soll es ausleben. Ich muss es nicht.
Nicht jeder muss in meinen Augen den SM so leben und fühlen, wie ich es tue. Auch ich spiele mit den einen, und lebe es mit den anderen. Beides würde ich nicht missen wollen, weder meine Spielbeziehung noch jene, in denen der SM Beziehungsgrundlage ist. In diesem wie in jedem anderen Punkt empfinde ich es als das Allerwichtigste reflektiert zu sein. Und sich selbst klarzumachen, was man denn eigentlich möchte!
Wie ich die Dinge auch sehen mag, bleibe ich stets meinem Motto treu: Pervers ist erst, wenn keiner mehr mitmacht! Und daran wird sich auch keine Spielbeziehung etwas ändern.
Ist SM für mich ein Spiel, wenn ja, wie oft und wie lange spiele ich es? Spiele ich es gelegentlich, häufiger, ständig? Oder ist SM für mich die Basis einer Beziehung, falls ja, betrachte ich die einzelnen Sessions innerhalb dieser Beziehung als Spiele? Oder spiele ich gar nicht und bin immer ich – ob dominant oder devot – egal wie: man muss sich finden und fühlen.