Darf ich mich trau­en so et­was öf­fent­lich zu sagen?

Ich ma­che es jetzt einfach!

To­le­ranz und In­to­le­ranz lie­gen dicht bei­ein­an­der. Sehr dicht. Manch­mal scheint der Über­gang flie­ßend. Wie bit­te? Ja, flie­ßend. Doch was ha­ben Graf Dra­cu­la, 50 Shades Of Grey und Va­nil­las da­mit am Hut? Fra­gen und Ant­wor­ten su­chen wir al­le. Und die meis­ten möch­ten ein­fach nur un­ter Ih­res­glei­chen sein.

Intoleranz! Wo sind die Meinesgleichen?Ent­wurf 1:

Eu­re In­to­le­ranz kotzt mich an…

Zeigt mir ei­ne Sub­kul­tur, in der mehr mit dem Fin­ger auf an­de­re ge­zeigt wird als in un­se­rer. Erst wol­len al­le da­zu ge­hö­ren und dann zer­flei­schen wir uns ge­gen­sei­tig? Weil SM heu­te zum gu­ten Ton ge­hört? Lächerlich.

Ihr er­in­nert mich an pu­ber­tie­ren­de Twigh­light-Fans, die jetzt „düs­ter“ sind, weil der Haupt­dar­stel­ler ja ach so nied­lich ist. Was ist aus dem gu­ten al­ten Gra­fen Dra­cu­la ge­wor­den, der noch ech­tes Men­schen­blut ge­trun­ken hat? Ist der jetzt we­ni­ger Vam­pir? Ist der jetzt „krank“? Ich hät­te Lust die Sze­ne ein­mal grund­le­gend durchzufiltern.

Ent­wurf 2:

Eu­re To­le­ranz kotzt mich an…

Ja, rich­tig ge­le­sen. Re­den wir Klar­text: Nicht ihr seid es, die in­to­le­rant sind, son­dern ich bin es. Das ist mir ge­ra­de wie Schup­pen von den Au­gen ge­fal­len. Ich ha­be mich im­mer als to­le­rant be­trach­tet, denn nichts gab es, was mich wirk­lich scho­ckie­ren konn­te, kei­ne noch so ab­sur­de Nei­gung, kein noch so kras­ser Fe­tisch. Je ex­tre­mer, je här­ter, des­to mehr fand es mei­ne Auf­merk­sam­keit. Nein, mei­ne In­to­le­ranz geht ge­nau in die an­de­re Rich­tung, in Rich­tung der­je­ni­gen, die sich als SMer be­zeich­nen, in mei­nen Au­gen aber kei­ne sind.

Das viel dis­ku­tier­te „50 Shades of Grey“ hat sei­nen Teil da­zu bei­getra­gen. Macht es Sinn, da noch Auf­klä­rungs­ar­beit un­ter den Va­nil­las zu leis­ten? Ist das nicht ein Kampf ge­gen Wind­müh­len? Die Me­di­en ver­brei­ten klar die Aus­sa­ge „Das ist SM“ und Leu­te kom­men zu mir und be­nut­zen Wor­te wir „Bon­da­ge-Sex“ oder „Fe­tisch-Sex“. Hal­lo­ho? Was hat Bon­da­ge oder Fe­tisch mit Sex zu tun? Nichts – in mei­nen Au­gen. Seit je­her ver­ban­ne ich se­xu­el­le Hand­lun­gen aus mei­nen Fil­men. Weil sie in mei­nen Au­gen nichts mit SM zu tun ha­ben. Weil das in mei­nem per­sön­li­chen SM kei­ne Rol­le spielt. Ich hat­te lan­ge an­ge­nom­men, ich stün­de da­mit nicht al­lei­ne. Bis mir die Au­gen ge­öff­net wur­den. Bis je­mand zu mir sag­te „Nicht die Se­xu­al­ori­en­tier­ten sind die Aus­nah­me – wir sind es“.

Ich ha­be kei­nen SM zur Be­frie­di­gung mei­ner se­xu­el­len Lust, ich ha­be Lust in mei­nem Kopf, nicht zwi­schen mei­nen Bei­nen. Ich ste­he we­der auf Code­wör­ter noch auf Am­pel­spiel­chen, ich will das To­ta­le, das Ex­tre­me, das Ab­so­lu­te. Und ich fin­de, dass ein Skla­ve ein Skla­ve ist und kei­ner­lei An­sprü­che auf Do’s und Dont’s hat. Ich mag kei­ne Ta­bu­lis­ten und Aus­schlüs­se ir­gend­wel­cher Prak­ti­ken. Ich mag ex­tre­me Spie­le, ich mag ex­tre­me Mei­nun­gen, ich mag ex­tre­me Menschen.

Wo bleibt mei­ne ei­ge­ne To­le­ranz ge­gen­über den anderen?

Ge­gen­über den­je­ni­gen, die nicht so den­ken, die nicht so ti­cken wie ich? Und das sind die meis­ten. Wenn ich al­le die­je­ni­ge „weg­fil­tern“ wür­de, die nicht in mein ei­ge­nes, per­sön­li­ches Denk­sche­ma pas­sen, dann blei­ben da nicht mehr vie­le üb­rig. Über­haupt ir­gend­je­mand? Manch­mal be­daue­re ich es ein we­nig, dass ich nicht zur „fi­cken­den Ge­sell­schaft“ ge­hö­re. Ha­ben die es ein­fa­cher? De­fi­niert ihr auch so viel an euch und eu­ren Se­xu­al­part­nern her­um, wie wir das tun, oder geht das da nicht ein­fach nur um – Sex? Um Or­gas­men, Lust und Be­frie­di­gung? Wie glück­lich ihr euch doch schät­zen könnt, gibt es doch so vie­le mög­li­che Se­xu­al­part­ner für euch. Wir müs­sen da schon viel akri­bi­scher suchen!

Be­nei­de ich die Va­nil­las dar­um? Nein. War­um nicht? Weil es nichts bräch­te. Ich ge­hö­re ei­ner Sub­kul­tur an, die so vie­le Fa­cet­ten kennt wie kaum ei­ne an­de­re. Denn sie zieht Leu­te ver­schie­dens­ter Sub-Sub­kul­tu­ren an und das, was sich dann da sam­melt, ist ein über­di­men­sio­nier­ter bun­ter Hau­fen. Und in­ner­halb die­ser Sub­kul­tur su­che ich die Sub-Sub­kul­tur de­rer, die so sind wie ich.

In­to­le­ranz liegt mir ei­gent­lich fern – ich will doch nur un­ter Meinesgleichen!

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