Inhaltsverzeichnis
- Als einzige Fetischfilm-Produzentin Deutschlands bewegst Du Dich in einer von Männern dominierten Branche. Ist es schwer, sich dort als Frau zu behaupten?
- Du bist selbst bekennende Fetischistin. Führst Du lieber Regie bei Filmen, die Deine eigenen Fetische zeigen?
- Was ist Dir bei Deinen Produktionen wichtiger – den Fetisch an und für sich darzustellen oder den Zuschauer zu erregen?
- Gibt es Fetische, die Du in Deinen Filmen nicht zeigen würdest?
- Auf uns als Frauen wirkt es so, als ob Du an einen Fetisch-Porno ganz anders herangehst als ein Mann. Hat eine Frau eine andere Perspektive, die den Fetisch Sex vielleicht sogar erotischer wirken läßt?
- Wir haben gelesen, dass Du lieber mit eingespielten Fetisch Pärchen arbeitest, also auch mit Amateuren. Erfordert das eine andere Herangehensweise an den Dreh als wenn man mit Profis arbeitet? Oder geht es Dir um Authentizität?
- Was war der ausgefallenste Fetisch, der Dir bisher untergekommen ist?
- Gibt es bei Deinen Drehs ein Drehbuch oder läßt du Spontaneität zu?
- Gibt es noch einen Film, den Du unbedingt machen möchtest?
- Du bist ein fester Bestandteil der deutschen Porno Industrie. Aber was würde Hera Delgado tun, wenn sie irgendwann nicht mehr als Produzentin tätig ist?
- Bücher wie „Shades of Grey“ haben in vielen Frauen die Lust auf Bondage Sex geweckt. Ist diese Art von erotischer Literatur förderlich für die Fetisch-Szene oder zeigt sie den Fetischismus in einem falschen Licht?
- Interview mit Hera Delgado
Die Pornotexter hatten das Glück und die Ehre, der einzigen weiblichen Produzentin von Fetischfilmen Fragen stellen zu dürfen! Hera Delgado dreht nicht nur einzigartige Filme, sie wirkt mehr als sympathisch und die Erotikbranche kann froh sein, daß es Frauen wie Hera gibt, die in dieser Männerwelt ihre Frau stehen. Für jeden, der sich für die Fetisch-Szene interessiert, sind die Antworten sicher unbedingt lesenswert. Das Interview mit Hera: Sie ist Filmproduzentin aus Leidenschaft.
Die Pornotexter Ladies wissen selbst noch nicht genau, ob sie in Heras Welt angekommen sind, aber wir verstehen einen Fetisch jetzt deutlich besser. Und zwar nicht als Bestandteil eines Pornofilms, in dem der Sex im Mittelpunkt steht, sondern als eine Neigung zu etwas, das Befriedigung auch ohne Sex schafft. Doch lest einfach selbst das Interview mit Hera und setzt euch mit dem Thema auseinander!
Als einzige Fetischfilm-Produzentin Deutschlands bewegst Du Dich in einer von Männern dominierten Branche. Ist es schwer, sich dort als Frau zu behaupten?
Ja. Der Job, den ich mache, erfordert eine Menge Selbstbewußtsein, Zielstrebigkeit und Ehrgeiz, begleitet von fachlichem Know-How und einer guten Portion „Ellenbogen“. Wenn man dann noch das kleine „Handicap“ hat, „Frau“ zu sein, wird es gleich doppelt schwer – denn allen Respekt meiner männlichen Kollegen musste ich mir hart erarbeiten. Dennoch schaue ich lieber auf die Vor- als auf die Nachteile, die mein Frausein in diesem Job mit sich bringen: Die Mädels, mit denen ich arbeite, fühlen sich bei mir sicher und verstanden und können ruhigen Gewissens davon ausgehen, daß es mein Hauptziel ist, gute Filme zu machen und daß ich ihnen nicht „an die Wäsche“ will. (Hera lacht)
Du bist selbst bekennende Fetischistin. Führst Du lieber Regie bei Filmen, die Deine eigenen Fetische zeigen?
Naaaain – natürlich nicht, ich mag meinen Job immer und unter allen Umständen gleich gerne *smile* Die Wahrheit ist natürlich, daß mir diejenigen Drehs, die sich ganz oder teilweise mit meinen persönlichen Interessen decken, selbstverständlich mehr Spaß machen. Ich würde lügen, wenn ich etwas anderes behaupten würde. Dennoch verliere ich niemals meine professionelle Distanz zum Geschehen.
Was ist Dir bei Deinen Produktionen wichtiger – den Fetisch an und für sich darzustellen oder den Zuschauer zu erregen?
Das eine geht mit dem anderen Hand in Hand. Ich mache Filme für Fetischisten, nicht für Pornointeressierte mit Hang zum Fetisch. Jemand, der sich meine Filme ansieht, wird darin keine X‑Szenen oder gespielte Geilheit finden – er sieht den reinen Fetisch. Und da meine Filme demzufolge nur von reinen Fetischisten gesehen werden, wird derjenige Fetisch den Zuschauer auch erregen.
Gibt es Fetische, die Du in Deinen Filmen nicht zeigen würdest?
Ja, eine Menge. Es gibt eine ganze Reihe von Paraphilien, die ich persönlich durchaus tolerieren kann, die meiner Meinung nach aber nicht in die Öffentlichkeit gehören, da sie ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein fordern und ich mit meinen Filmen nicht dazu beitragen möchte, daß Menschen etwas für gut und richtig halten und im schlimmsten Fall sogar nachmachen, womit sie sich im Vorfeld nicht intensivst auseinandergesetzt haben.
Auf uns als Frauen wirkt es so, als ob Du an einen Fetisch-Porno ganz anders herangehst als ein Mann. Hat eine Frau eine andere Perspektive, die den Fetisch Sex vielleicht sogar erotischer wirken läßt?
Das ist eine sehr gute Frage, über die ich selbst auch schon oft nachgedacht habe. Würdest Du mir dieselbe Frage in Bezug auf Pornofilme stellen, würde ich sie zweifelsohne bejahen. Was den Fetisch angeht, gestaltet es sich schon ein wenig schwieriger. Es gibt – gerade im BDSM-Bereich – wahrscheinlich so viele verschiedene Neigungen wie es SMer gibt. Ergo hätte ein jeder vermutlich seine ganz eigene Herangehensweise, unabhängig davon, ob Mann oder Frau. Ich glaube daher nicht, daß meine Art Filme zu machen im speziellen „weiblich“ ist – sie ist aber sehr persönlich, soll heißen: viel von meiner persönlichen Betrachtungsweise des BDSM-Universums fließt in meine Arbeit mit ein. Um mal ein konkretes Beispiel zu nennen: Du sprichst von Fetisch-Porno bzw. Fetisch-Sex. Für mich sind diese Begriffe widersprüchlich, denn in meiner Fetischwelt spielt Sex keine Rolle. Das findet sich entsprechend in meinen Filmen wieder und wird von vielen Fetischisten sehr geschätzt.
Wir haben gelesen, dass Du lieber mit eingespielten Fetisch Pärchen arbeitest, also auch mit Amateuren. Erfordert das eine andere Herangehensweise an den Dreh als wenn man mit Profis arbeitet? Oder geht es Dir um Authentizität?
Mir geht es sogar ausschließlich um Authentizität und mit sogenannten „Profis“ arbeite ich eigentlich gar nicht. Du wirst in meinen Filmen – im Gegensatz zu dem ein oder anderen „befreundeten“ Fetischlabel – keine Darstellerin sehen, die am Vortag noch irgendwo anders einen normalen Porno gedreht hat. Ich möchte keine Darstellerinnen, die den Fetisch nur „mitmachen“, weil die Kohle stimmt. Ich möchte „echte“ Fetischisten und Fetischistinnen vor meiner Kamera, die dort genau dasselbe machen, was sie abends bei sich zu Hause oder in irgendeinem SM-Club tun.
Was war der ausgefallenste Fetisch, der Dir bisher untergekommen ist?
Oh je, da gibt es so viele. Ich hatte mal einen Konsumenten, der hatte einen ausgeprägten Wollfetisch, ein anderer stand wahnsinnig auf Feuer. Von Hustenfetisch bis zum Wadenmuskelfetisch habe ich schon eine Menge Dinge gehört.
Gibt es bei Deinen Drehs ein Drehbuch oder läßt du Spontaneität zu?
Es gibt immer zumindest so etwas wie einen groben Rahmen, ein konkretes Drehbuch eher selten. Die Storyline entsteht immer in ganz enger Zusammenarbeit mit den Protagonisten, welche dabei sehr viel von ihren eigenen Vorstellungen einbringen können.
Gibt es noch einen Film, den Du unbedingt machen möchtest?
Ich möchte noch ganz viele Filme machen und ich hatte das Glück, schon mit so vielen tollen Darstellern und Darstellerinnen arbeiten zu dürfen. Und jedes Mal, wenn ich wieder einen dieser tollen Menschen kennenlerne, der mich und mein Kamerateam teilhaben läßt an seinem ganz persönlichen Fetisch und uns mitnimmt in seine ganz eigene Welt, dann bekomme ich jedes Mal aufs neue Lust darauf, dieses Projekt mit genau diesen Menschen umzusetzen.
Du bist ein fester Bestandteil der deutschen Porno Industrie. Aber was würde Hera Delgado tun, wenn sie irgendwann nicht mehr als Produzentin tätig ist?
Ich würde mir vermutlich eine Nitrox-Flasche auf den Rücken schnallen, einen Atemregler in den Mund stecken und in den Ozean springen. Ich würde in Bereiche abtauchen, die mit der Realität hier oben nicht mehr viel gemeinsam haben und wenn eines Tages ein Rebreather erfunden wird, mit dem man nicht mehr auftauchen muss, dann würde ich dort unten bleiben.
Bücher wie „Shades of Grey“ haben in vielen Frauen die Lust auf Bondage Sex geweckt. Ist diese Art von erotischer Literatur förderlich für die Fetisch-Szene oder zeigt sie den Fetischismus in einem falschen Licht?
Shades of Grey war und ist das einzige Buch in meinem Leben, das ich angefangen, aber nicht zu Ende gelesen habe. Was dort beschrieben wird, hat mit BDSM ungefähr genauso viel zu tun wie die Fahrt in einem Kinderkarussell mit einem Fallschirmsprung. Viele Leute in der Szene teilen diese Meinung – und nein, ich finde solche Geschichten alles andere als förderlich. Ich würde sehr gerne mal eine solche Frau kennenlernen, die dieses Buch so klasse findet, und mit ihr ein tiefgründiges Gespräch über die Materie führen. Die Wahrheit ist: Echter Fetischismus ist keine Facette der Sexualität, es ist die Sexualität eines Menschen. Eine Sexualität, in der es nicht um Geschlechtsverkehr oder sexuelle Befriedigung geht, nicht um Orgasmen und oft auch nicht unbedingt um andere Personen. Wenn das, was für andere Vorspiel ist, zum eigentlichen Akt wird, wenn das Spiel zwischen zwei Menschen für beide zur Erfüllung wird, wenn zwei Menschen ihre Sexualität teilen, ohne dabei Sex zu haben, wenn keiner zum Orgasmus kommt und jeder befriedigt ist, dann seid Ihr in meiner Welt angekommen.
Vielen Dank an die Pornotexter für das