Thü­rin­gen: Mann we­gen il­le­ga­ler Kas­tra­ti­on verurteilt

Thüringen: Mann wegen illegaler Kastration verurteilt
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Il­le­ga­le Kas­tra­ti­on – Mann in Er­furt verurteilt

Auf Bit­ten ei­ni­ger Män­ner führ­te ein Mann aus dem Thü­rin­ger Land­kreis Söm­mer­da il­le­ga­le Kas­tra­ti­on-Ein­grif­fe durch. Da­für ließ er sich be­zah­len. Wel­che Grün­de die­se Män­ner für die­sen hat­ten, was sich der Thü­rin­ger da­bei dach­te und was das Ge­richt da­zu sag­te, ist hier zu erfahren.

Äl­te­rer Herr als Kas­tra­ti­ons-Chir­urg aktiv

75 Jah­re ist der Herr alt, der in sei­nem Wohn­zim­mer Män­nern die Ho­den ent­fern­te oder an­de­re Maß­nah­men mit Kas­tra­ti­ons­ef­fekt vor­nahm. Dies ge­schah auf de­ren Bit­te und "an­ge­mes­se­ner" Be­zah­lung für die Dienst­leis­tung. Über ei­ne me­di­zi­ni­sche Aus­bil­dung, ge­schwei­ge denn ein Me­di­zi­um­stu­di­um, das ihn zu solch ei­nem Ein­griff be­fä­hi­gen könn­te, ver­fügt der Kas­tra­teur nicht.

➤ Be­glei­tung gesucht?

Er ist ge­lern­ter Dre­her und mitt­ler­wei­le im Ru­he­stand, den er sich mit ei­ner Be­zah­lung zwi­schen 500 und 2.200 Eu­ro pro Kas­tra­ti­on ver­süß­te. Die Vor­fäl­le er­eig­ne­ten sich von 2015 bis 2019. Ins­ge­samt 8.100 Eu­ro zo­gen die Be­hör­den ein; Geld, das dem An­ge­klag­ten als Rest­be­stand für die il­le­ga­le Kas­tra­ti­on-Ein­grif­fe ver­blie­ben war.

Be­weg­grün­de für il­le­ga­le Kastrationen

Wäh­rend der Ge­richts­ver­hand­lung drang nichts nach drau­ßen, was mög­li­che Be­weg­grün­de der Ge­schä­dig­ten wa­ren, sich für ei­ne il­le­ga­le Kas­tra­ti­on zu ent­schei­den. Der Vor­sit­zen­de Rich­ter Udo Tiet­jen gab an, dass es sich ins­ge­samt um ei­ne scham­be­haf­te­te Ver­hand­lung han­del­te. Die Be­trof­fe­nen nah­men als Zeu­gen teil, hiel­ten sich in ih­ren Dar­stel­lun­gen und Aus­sa­gen aber sicht­lich be­schämt zu­rück. Aus die­sem Grund ver­an­lass­te die Staats­an­walt­schaft auch den Aus­schluss der Öf­fent­lich­keit.

So las­sen sich die Grün­de der Be­trof­fe­nen für die il­le­ga­le Kas­tra­ti­on nur ver­mu­ten. Wer bis zu 2.200 Eu­ro da­für be­zahlt, hat ein ernst­haf­tes In­ter­es­se dar­an, sei­ne Se­xua­li­tät stark bis gänz­lich ein­zu­schrän­ken. Al­ler­dings nimmt ei­ne Ho­den­ent­fer­nung, wie sie der 75-Jäh­ri­ge vor­nahm, kei­nen Ein­fluss auf die Erek­ti­on oder ei­nen Sa­men­er­guss. Le­dig­lich die Sa­men­zel­len zur Be­fruch­tung weib­li­cher Ei­zel­len blei­ben aus. Ob das die Be­trof­fe­nen und der "Ope­ra­teur" wuss­ten, ist fraglich.

Thüringen: Mann wegen illegaler Kastration verurteilt
Ein Op­fer von il­le­ga­ler Kas­tra­ti­on in Thüringen

In der Dis­kus­si­on ste­hen Kas­tra­tio­nen bei pä­do­phil ver­an­lag­ten Män­nern, die in man­chen US-Bun­des­staa­ten mit­tels che­mi­scher Me­di­ka­men­te bei Wie­der­ho­lungs­tä­tern durch­ge­führt wird. Im Ge­gen­satz zu der Kas­tra­ti­on mit Sper­ma-Blo­ckie­rung, geht es da­bei haupt­säch­lich dar­um, den Se­xu­al­akt un­mög­lich zu machen.

Ein wei­te­rer Grund könn­te tat­säch­lich der Wunsch nach Kin­der­lo­sig­keit be­zie­hungs­wei­se En­de der ei­ge­nen Frucht­bar­keit als Ver­hü­tungs­schutz sein. Da­zu steht im deut­schen Ge­sund­heits­sys­tem aber die Vas­ek­to­mie zur Ver­fü­gung. Die Prei­se da­für va­ri­ie­ren im Durch­schnitt zwi­schen 400 Eu­ro und 750 Eu­ro – folg­lich im un­te­ren Preis­seg­ment der Dienst­leis­tung des Thü­rin­ger Her­ren. Da­für ist beim (rich­ti­gen) Arzt ge­währ­leis­tet, dass best­mög­li­che Hy­gie­ne­zu­stän­de be­stehen und der Arzt über ei­ne ent­spre­chen­de Aus­bil­dung verfügt.

Letzt­end­lich bleibt es of­fen, war­um die­se Män­ner die il­le­ga­le Kas­tra­ti­on frei­wil­lig und auf ei­ge­nen Wunsch vor­neh­men lie­ßen und sich ei­nem enorm ho­hen ge­sund­heit­li­chen Ri­si­ko aussetzten.

Il­le­ga­le Kas­tra­ti­on – die Verhandlung

Im Herbst 2024 er­folg­te die Ge­richt­ver­hand­lung mit Ur­teil. Ir­rele­vant ist da­für die Frei­wil­lig­keit der be­trof­fe­nen Män­ner. Rich­tig ist: Es ist ihr Kör­per und sie kön­nen zu­min­dest theo­re­tisch selbst­be­stim­mend dar­über ent­schei­den, ob sie ih­re Ho­den be­hal­ten oder ent­fer­nen. Des­halb ste­hen sie auch nicht als An­ge­klag­te vor Ge­richt, son­dern der­je­ni­ge, der ih­rem Wunsch nach­ge­kom­men ist. Das Ge­setz sagt ein­deu­tig, dass kei­ne Kör­per­teil­ent­fer­nun­gen oh­ne me­di­zi­ni­sche In­di­ka­ti­on vor­zu­neh­men und körperliche/​gesundheitsbeeinträchtigende Schä­di­gun­gen am Men­schen ab­zu­wen­den sind. Um ei­ne In­di­ka­ti­on, bei­spiels­wei­se für ei­ne Ho­den­ent­fer­nung, zu er­hal­ten, ist ei­ne me­di­zi­ni­sche Un­ter­su­chung ei­nes zu­ge­las­se­nen Arz­tes un­um­geh­bar. Die­se fand nicht statt.

➤ Be­glei­tung gesucht?

Weil er da­für Geld an­nahm, ist es ei­ner ge­schäft­li­chen Dienst­leis­tung gleich­zu­set­zen, für die er kei­ne ge­setz­li­che Be­fug­nis be­sitzt. Der­ar­ti­ge Ein­grif­fe dür­fen in Deutsch­land nur aus­ge­bil­de­te Me­di­zi­ner über­neh­men. Er hat sich so­mit mit ei­ner Art An­eig­nung ei­nes Be­rufs­tan­des straf­bar ge­macht und da­durch Men­schen ei­nem ho­hen Ri­si­ko ei­ner le­bens­ge­fähr­li­chen Si­tua­ti­on ausgesetzt.

Auf­grund des­sen ist sein Han­deln als Kör­per­ver­let­zung zu wer­ten ist. In die­sem Fall wa­ren es sie­ben­mal schwe­re Kör­per­ver­let­zung und ein­mal "nur" Körperverletzung.

Das Ur­teil

Der Vor­sit­zen­de Rich­ter Udo Tiet­jen hat­te die Auf­ga­be des Ur­teils­spruchs. Die Staats­an­walt­schaft for­der­te ei­ne Ge­samt­frei­heits­stra­fe von 6,5 Jah­ren. Sie be­trach­te­te den il­le­ga­len Ein­griff in den me­di­zi­ni­schen Be­rufs­stand eben­so für schwer­wie­gend wie die Ein­grif­fe mit Kör­per­teil­ent­fer­nun­gen und Ver­stüm­me­lun­gen. Sie sah die Schul­dig­keit als klar er­wie­sen und zog hin­zu, dass der 75-Jäh­ri­ge in sei­nem Al­ter ge­nau wuss­te, dass er zu sol­chen Hand­lun­gen nicht be­rech­tigt war und da­mit il­le­gal ge­gen das Ge­setz agie­re. Viel­mehr sei die Chan­ce auf Zu­satz­ein­nah­men zur Ren­te als Mo­tiv an­zu­se­hen. Da­zu ha­be sich der An­ge­klag­te der min­de­ren Be­weg­grün­de schul­dig ge­macht, un­be­ein­druckt von den Ge­fah­ren für die Be­trof­fe­nen und der Ge­set­zes­wid­rig­keit. Der Ver­tei­di­ger des An­ge­klag­ten sah dies an­ders und plä­dier­te auf Freispruch.

Der Rich­ter ver­kün­de­te ein Ur­teil, das mit drei Jah­ren und zehn Mo­na­te Haft weit un­ter der For­de­rung der Staats­an­walt­schaft liegt. Als Be­grün­dung für sein Ur­teil gab er die Ge­stän­dig­keit des An­ge­klag­ten an. Er war sicht­lich be­trof­fen von den Fak­ten, vor al­lem von den Fol­gen für die Be­trof­fe­nen, die wäh­rend der Ge­richts­ver­hand­lung zur Spra­che ka­men. Des­halb hielt er ein ge­rin­ges Straf­maß für an­ge­mes­sen, wenn­gleich ei­ne il­le­ga­le Kas­tra­ti­on ei­ne il­le­ga­le Hand­lung ist und bleibt. Ak­tu­ell ist das Ur­teil noch nicht rechtskräftig.

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