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Fetischismus und BDSM in der DDR
Verfolgung, Beobachtung, Schwarze Liste: Ein Fall für die Stasi
Der schwierige Weg des Fetischismus und des BDSM in der DDR
Sex soll laut der Regierung in der 1990 untergegangenen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) frei gewesen sein. In einigen Punkten galt die DDR sogar als weitaus freizügiger als der Westen. Aber war der gelebte Fetischismus in der DDR zumindest geduldet und wie stand es um BDSM in der DDR? Diese Fragen lassen sich nicht so eindeutig und mit einem Ja oder Nein beantworten. Denn während die Sexualität zwischen Männern und Frauen als erwünscht galt, gab es doch bei einigen Sparten der Sexualität zumindest Einschränkungen.
Randgruppen auch in der DDR
Zwar wurde der sogenannte Schwulenparagraf, das Gesetz § 175, welches Homosexualität unter Strafe stellte, bereits 1968 annulliert. Allerdings wurden deswegen Schwule von der Staatspolizei durchaus observiert und die Gründung von Schwulengruppierungen galt als nicht wünschenswert. Lesben dagegen wurden nicht ernst genommen. Andere Spielarten wie BDSM in der DDR hatten nur im Untergrund ihre Ruhe. Sie wurden zwar offiziell nicht verfolgt oder waren geächtet, jedoch waren diese Spielarten der Sexualität auch nicht erwünscht.
Der Fetischismus in der DDR wurde ebenfalls bestenfalls gelitten und hatte durchaus durch die Einschränkungen zu leiden. So hatten unter anderem Lederfetischisten kein leichtes Leben, denn Leder war Mangelware und daher besonders schwer zu bekommen. Aber jedoch auch die Sadomaso-Szene in dem Arbeiter- und Bauernstaat hatte ihre eigenen Schwierigkeiten mit dem rigorosen System, deren Anführer praktisch alles kontrollieren wollten. Zudem wurde die SM-Szene in dem sozialistischen Staat als dekadent eingestuft, was sie als unerwünscht brandmarkte und daher stand der BDSM in der DDR genau wie der sexuelle Fetischismus unter staatlicher Beobachtung.
BDSM in der DDR nur im Untergrund
Obwohl die DDR sich gern als sexuell großzügig präsentierte, hatten Menschen, die sich außerhalb der erwünschten Norm benahmen, weniger zu lachen. Es gab keine offiziellen Clubs, in denen die Anhänger von BDSM in der DDR ihre Neigungen ausleben konnten. So etwas ging bestenfalls im Geheimen und sicher nur in den Privaträumen. Es gab auch kein Sexspielzeug zu kaufen, was von den Anhängern von BDSM in der DDR einiges an Bastelgeschick und Einfallsreichtum abverlangte, indem sie ihre Spielzeuge und das Zubehör selbst herstellen oder improvisieren mussten. Der Staatsschutz beobachtete zudem alle Aktivitäten von SM-Anhängern. Dies geht aus den vielen Akten hervor, die über Menschen mit Neigungen zum Sado-Maso oder Bondage angelegt wurden.
Veröffentlichungen aus dem Kreis von ostdeutschen Festischisten wie 'Club Caprice' wurden juristisch belangt und immer wieder vor Gericht gestellt. In den Büchern über Sexualität für Jugendliche wurde BDSM in der DDR als verweichlicht und als Vorstufe zum Lustmord gewertet. Die Verunglimpfung in den offiziellen Aufklärungswerken zeigt den Stellenwert für die Regierung. So wurde alles dafür getan, um eine Szene für BDSM in der DDR zu verhindern. In der Regel wurde es totgeschwiegen und wo es auftauchte, bekamen die Anhänger des Sadomasochismus in der DDR Repressalien zu spüren. Sie wurden von der staatlichen Seite behindert und ausgegrenzt, wo immer sie konnten, um diese "sexuell abartigen Ausschweifungen" zu unterdrücken.
Fetischismus in der DDR wurde totgeschwiegen
Ähnlich wie der BDSM in der DDR hatten es auch die Fetischisten schwer und wurden vom Staat argwöhnisch beobachtet. Je nach Art des Fetisch war der Fetischismus in der zweiten deutschen Republik entweder schwierig oder überaus kostspielig.
So hatten zum Beispiel Männer mit einem Fetisch für Feinstrumpfhosen zum einen unter dem Mangel zu leiden wie auch unter den hohen Preisen. Eine einfache Feinstrumpfhose kostete damals um die 20 Mark, was ein kleines Vermögen darstellte. Aber auch Fetische für High Heels und dergleichen waren schwer zu befriedigen. Und mussten entweder selber hergestellt oder auf Umwegen im Westen organisiert werden. Der Fetischismus in der DDR wurde allenfalls im Privaten ausgelebt. In der Szene für gelebten Fetischismus in der DDR gab es keine Form der öffentlichen Organisation. Geschweige denn Möglichkeiten für Menschen mit ähnlichen Neigungen, sich in separaten Räumlichkeiten zu treffen.
Wie auch beim BDSM in der DDR hatte auch der Fetischismus mit den Einschränkungen zu kämpfen. Gerade der Fetischismus in der DDR ist auf seinen Ideenreichtum angewiesen. Besonders um die passenden Knebel oder die Outfits in Lack, Leder oder Gummi nach den eigenen Vorstellungen zu erschaffen. Sich in der Öffentlichkeit mit ihren Neigungen zu präsentieren, ist jedoch für die Fetischisten kaum möglich gewesen und wurde von der staatlichen Seite so gut wie möglich unterbunden. Wie auch die Anhänger von BDSM in der DDR immer wieder mit viel Ablehnung und den entsprechenden Repressalien zu kämpfen hatten, so hatten Fetischisten gegen eine Art von Verleumdung zu kämpfen. Immerhin wurden sie von staatlicher Seite als dekadent eingestuft. Dies brachte den Fetischismus in der DDR auf die Schwarze Liste, was eine zunehmende Ausgrenzung aus der Gesellschaft bedeutete.
BDSM in der DDR und in der Bundesrepublik: Öffentlichkeitstauglich?
Ob Dom, Sub oder auch Domina, die Bürger des Arbeiter- und Bauernstaates waren eingeschränkt im Ausleben ihrer Subkulturen. Das Internet gab es noch nicht, Gleichgesinnte konnten aber auch nicht offen über zum Beispiel Zeitungsinserate gefunden werden. BDSM in der DDR war mitunter schwierig zu organisieren. Mund-zu-Mund-Propaganda, Hörensagen, heimliches Verabreden waren die Mittel zum Zweck. Aber wer wollte, konnte auch diese Hürden meistern. Und so gab es auf im zweiten deutschen Staat eine – wenn auch kleine – Szene.
Wie wir alle wissen, ist die DDR mittlerweile Geschichte und die Gesellschaft tastet sich – wenn auch langsam – an die Themen Fetisch & BDSM heran. So richtig salonfähig sind die Themen Sadomasochismus, Bondage, Fetisch und Kink allerdings auch heute noch nicht. Wie in der Lesben- und Schwulenbewegung gibt es aber auch hier Vorreiter, diese Kernpunkte der Fetischisten in die Öffentlichkeit zu tragen. Damit vielleicht eines Tages jedwede sexuelle Neigung akzeptiert werden wird.