Nach­ge­fragt: Wie ist das, ein Fem­boy zu sein?

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Wie ist ein Le­ben als Femboy?

Auf sei­nem be­lieb­ten You­tube-Ka­nal Leeroy will's wis­sen hat Leeroy Mata­ta in sei­ner Sen­dung "Nach­ge­fragt: Wie ist das…?" den Fem­boy Pu­ru ge­trof­fen. Nach dem ers­ten Ge­spräch im Jahr 2018 zum The­ma Ase­xua­li­tät hat er Pu­ru noch ein­mal zum In­ter­view ein­ge­la­den und ei­ne deut­li­che Per­sön­lich­keits-Ent­wick­lung fest­ge­stellt. Denn Pu­ru weiß jetzt: "Ich bin ein Femboy".

Was ist ein Fem-Boy? Dar­un­ter ist ein jun­ger Mann zu ver­ste­hen, der sich weib­lich klei­det und weib­lich aus­sieht. Die Be­zeich­nung Fem­boy setzt sich aus "Fe­ma­le" und "Boy" zu­sam­men und gibt kei­ne Aus­kunft über die Se­xua­li­tät. Die Fem­boy-Sze­ne ist noch neu und es gibt bis­her kei­ne ge­nau­en Zah­len dar­über. Ein Fem­boy kann bi­se­xu­ell, ho­mo­se­xu­ell oder so­gar he­te­ro­se­xu­ell sein. Pu­ru selbst be­zeich­net sich als ho­mo- und ase­xu­ell zu­gleich. Er hat ei­nen Part­ner, ist aber kaum an se­xu­el­lem Kon­takt mit die­sem in­ter­es­siert. Auch sein Al­ter will der Bo­chu­mer Fem­boy nicht verraten.

»Fem­boys zer­stö­ren die to­xi­sche Maskulinität«

Als Leeroy zum In­ter­view zu er­scheint, ist der sehr zier­lich ge­bau­te, jun­ge Mann be­reits an­we­send. Pu­ru ist mit ro­sa-wei­ßen Turn­schu­hen, wei­ßen Over­knee-Strümp­fen, ei­nem weiß-ro­sa­nen Rock und ei­nem ro­sa-wei­ßen Man­ga-Girl-Shirt ge­klei­det. Er trägt ei­nen auf­fäl­li­gen, ro­sa Kurz­haar­schnitt mit ei­nem Öhr­chen­haar­reif, an dem sich Glöck­chen be­fin­den. Sei­nen Klei­dungs­stil be­zeich­net Pu­ru als "Ka­waii-Style". Das ist ei­ne ja­pa­ni­sche Fa­shion­kul­tur, die über­setzt "süß, nied­lich oder kind­lich" bedeutet.

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Zu Be­ginn las­sen die bei­den noch­mals die Be­lei­di­gung vom ver­gan­ge­nen In­ter­view Re­vue pas­sie­ren. Denn wäh­rend des Ge­sprächs vor drei Jah­ren hat ein Fahr­rad­fah­rer Pu­ru grund­los in der Öf­fent­lich­keit ver­bal an­ge­grif­fen und als "Schwuch­tel" ti­tu­liert. Für das Ka­me­ra­team und Leeroy war das ein scho­ckie­ren­der Mo­ment, nicht aber für Pu­ru. Trau­ri­ger­wei­se ist der Fem­boy die­se Art von Dis­kri­mi­nie­rung, An­fein­dung und Ab­leh­nung von an­de­ren ge­wohnt. Als Pu­ru er­klärt, was ei­nen Fem­boy aus­macht, sagt er: "Fem­boys zer­stö­ren die to­xi­sche Mas­ku­li­ni­tät". Da­mit meint er die Ste­reo­ty­pe des Man­nes wie "Män­ner wei­nen nicht, Män­ner sind stark und mus­ku­lös, Män­ner zei­gen kei­ne Ge­füh­le". Fem­boys durch­bre­chen das und möch­ten Män­nern und Jungs die Mes­sa­ge ver­mit­teln, dass es in Ord­nung ist, als Mann schwach zu sein, zu wei­nen und auch Make-up zu tra­gen, wenn es ih­nen gefällt.

Deut­sche Erotikstars

Pu­ru schminkt sich ger­ne, trägt Kunst­fin­ger­nä­gel und ex­pe­ri­men­tiert ger­ne mit sei­nen Haa­ren. Er ist der An­sicht, Fem­boys könn­ten das männ­li­che Bild et­was lo­ckern, oh­ne das je­der als schwul ab­ge­stem­pelt wird. Er fin­det, dass je­der tra­gen kön­nen soll­te, was ihm ge­fällt und wor­in er sich wohlfühlt.

Frü­her wur­de der Fem­boy ge­mobbt und beleidigt

So selbst­be­wusst wie heu­te war Pu­ru nicht im­mer. Das The­ma Mob­bing be­glei­tet ihn fast schon sein gan­zes Le­ben. Be­reits in jun­gen Jah­ren wur­de der Fem­boy über das In­ter­net ge­mobbt. Es gab aber auch har­te Be­lei­di­gun­gen und Mob­bing in sei­ner ei­ge­nen Fa­mi­lie. Als die Spra­che auf Pu­rus fa­mi­liä­res Ver­hält­nis und dem Um­gang mit sei­nem Fem­boy-Da­sein kommt, glei­tet sein Blick auf den Bo­den. Plötz­lich wirkt er trau­rig, sein Kopf ist ge­senkt. Ob­wohl man die Au­gen nicht rich­tig se­hen kann, kann man die Trau­rig­keit dar­in erkennen.

Nachgefragt: Wie ist das, ein Femboy zu sein?Pu­ru sucht nach Wor­ten und über-ges­ti­ku­liert ner­vös und hek­tisch mit den Hän­den. Es scheint, als lie­fen die Sze­nen von da­mals noch ein­mal in sei­nem Kopf ab, wäh­rend er spricht. Er be­ginnt die Re­ak­tio­nen sei­ner Mut­ter zu be­schrei­ben und er­zählt, wie sie ihn ei­ni­ge Zeit oh­ne Wor­te mus­ter­te und ihm dann völ­lig ab­wer­tend ins Ge­sicht sag­te: "Du siehst wi­der­lich aus. Ich ha­be dich in die Welt ge­bracht, ge­nau­so kann ich dich wie­der zurücknehmen."

Am ex­ak­ten Wort­laut, den Pu­ru ver­wen­det, kann man se­hen, wie sehr ihn die­se herz­lo­se Aus­sa­ge ver­letzt hat. Auch sein Va­ter emp­fand nur Ab­nei­gung für den Fem­boy. Er zer­stör­te die Klei­dung und ent­sorg­te das Make-up sei­nes Soh­nes im Müll. Pu­ru er­zählt, wie hart er für die­se Sa­chen ge­spart ha­be und dass er al­les wie­der aus dem Müll ge­holt ha­be. Die Nach­barn be­ob­ach­te­ten ihn da­bei und an­statt ihm zu hel­fen, lach­ten sie ihn nur aus. Man kann die De­mü­ti­gung füh­len, wäh­rend er er­zählt, und be­kommt ei­ne Vor­stel­lung da­von, wel­che dra­ma­ti­schen Sze­nen sich in sei­nem Le­ben er­eig­net ha­ben müs­sen. Da­zu ge­hört lei­der auch Ge­walt sei­nes Va­ters, der ihn fast täg­lich ge­schla­gen, ja so­gar miss­han­delt ha­be. In die­sem Teil des In­ter­views er­wähnt der Fem­boy un­ter Räus­pern und mit ge­senk­tem Blick et­was Wun­der­ba­res und Tra­gi­sches zu­gleich: "Ich wur­de schon so viel ge­schla­gen, miss­han­delt, be­lei­digt und psy­chisch fer­tig ge­macht. Aber ich ste­he im­mer noch zu mir wie ich bin. Man kann mich auch mit Schlä­gen nicht züch­ti­gen." Dann er­zählt er wei­ter, dass er sich im­mer heim­lich im Schul-WC ge­schminkt und um­ge­zo­gen ha­be und dann wie­der "nor­mal" nach Hau­se ge­kom­men sei. Ei­nes Ta­ges ha­be sein Va­ter ihn je­doch da­bei er­wischt und ihn hart mit Schlä­gen be­straft. Er sei so­gar mehr­fach auf Pu­ru ge­sprun­gen und sag­te, er müs­se nicht je­dem sei­ne Se­xua­li­tät zeigen.

Der Fem­boy wen­det sich di­rekt an die Zu­schau­er und gibt ih­nen ei­ne auf­bau­en­de und er­mu­ti­gen­de Mes­sa­ge mit auf den Weg: "Ihr seid nicht ko­misch oder an­stren­gend, nur weil ihr an­ders seid. Steht ein­fach zu euch, so wie ich es auch ge­schafft ha­be, trotz al­lem zu mir zu stehen."

Wie re­agie­ren die Men­schen auf ei­nen Pa­ra­dies­vo­gel wie Puru?

Leeroy möch­te wis­sen, wie die Men­schen auf Pu­ru re­agie­ren. Er meint, dass Jungs ihn hass­ten, Mäd­chen ihn fei­er­ten und Ty­pen "hor­ny" sei­en. Er be­kom­me tat­säch­lich manch­mal von "He­te­ros", die sei­ner Mei­nung nach nur ih­re wah­re Se­xua­li­tät ver­leug­nen, ein­deu­ti­ge se­xu­el­le An­ge­bo­te. Au­ßer­dem ist der Fem­boy der Mei­nung, dass auch die Jungs, die ihn has­sen, nur von sich und ih­rer ei­ge­nen Ho­mo­se­xua­li­tät ab­len­ken woll­ten. Er fin­det, dass sie nicht da­zu stün­den und des­we­gen nei­disch sei­en, dass er ge­nau das kön­ne. Die An­ge­bo­te sei­en ihm nicht un­an­ge­nehm, für ihn ge­hö­re "Cat­cal­ling", die ver­ba­le Form des se­xu­el­len In­ter­es­ses, ein­fach zum Leben.

Am Schluss des In­ter­views gibt Pu­ru noch ei­nen Rat­schlag für al­le Fem­boys und die, die es noch wer­den möch­ten: Sie soll­ten in klei­nen Schrit­ten an­fan­gen ihr Selbst­be­wusst­sein auf­zu­bau­en. "Wenn dir die Far­be Mint ge­fällt, dann tra­ge erst ein­mal nur ein Mint-Arm­band. Dann ei­nen Ring und erst dann ein T‑Shirt oder mehr. Be­gin­ne mi­nu­ten­wei­se dich und dein Um­feld an dei­nen Style zu ge­wöh­nen und über­for­de­re we­der dich noch dein Um­feld da­mit." Für Pu­ru ist al­les schon Nor­ma­li­tät ge­wor­den. Er hofft, dass je­der Fem­boy sa­gen kann, dass er glück­lich mit sei­nen Kla­mot­ten ist, sich und sei­nen Style als in­di­vi­du­ell sieht und da­mit zeigt, was ihn per­sön­lich ausmacht.

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Si­cher wä­re die Welt dann ein biss­chen bun­ter. Pu­ru ist ein tol­ler Vor­rei­ter und ein gu­tes Vor­bild für das Lö­sen der ge­dank­li­chen Fes­seln der Mensch­heit. Der Fem­boy aus Bo­chum hat Schlim­mes er­lebt, ist im­mer wie­der auf­ge­stan­den und hat wei­ter ge­kämpft. Er steht zu sich und hat in­ner­halb der letz­ten drei Jah­re ei­nen sehr gro­ßen Wan­del durch­lebt, auf den er stolz sein kann.

Pu­ru, ein selbst­be­wuss­ter Fem­boy, der weiß, was er will und der sich vor al­lem selbst treu bleibt.

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