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Neuer Name – neue Ideen?
Die weltweit größte Messe ihrer Art, die Berliner Erotikmesse Venus, ging am vergangenen Sonntag zu Ende und schloss temporär bis zum Oktober 2023 seine Pforten. Wie hat sich das als "Festival" revolutionierte Event denn im Praxistest geschlagen, wie kam die Venus 2022 bei den Besuchern an?
Eines vorweg: eine Messe wird nicht dann zum Festival, wenn man es so nennt. Neuer Name – aber altes Konzept. Das passt nicht.
Horrende Eintrittspreise – wenig Show
Einige Besucher und Besucherinnen des Erotikfestivals waren regelrecht geschockt, als sie an der Tageskasse standen: 120 Euro Eintritt für ein Pärchen, 60 Euro für den Einzelnen. Kauft man auf der Messe noch ein paar Getränke dazu, ist man als Paar eben mal schnell satte 150 Euro los. Manche echauffierten sich an der Kasse, beschwerten sich bei den netten Damen, die aber nur mit den Achseln zucken konnten. Sie hatten die hohen Preise schließlich nicht zu verantworten.
Mit einem Besucherpärchen war Eronite im Gespräch. Es war erst um 20 Uhr am Hammarskjöldplatz, am Palais am Funkturm, wo die Erotik- und Lifestylemesse Venus 2022 stattfand, erschienen und enttäuscht, dass sie für die verbliebenen zwei Stunden Messe eben jene 120 Euro Eintritt berappen sollten. Hier wäre es sicher angeraten, vielleicht von 20 bis 22 Uhr eine Art "Late-Ticket" vergünstigt anzubieten. Damit würden die Hallen auch zu späterer Stunde noch gut gefüllt.
Show Area mit ansprechender Unterhaltung
Jeder Anbieter kocht sein eigenes Süppchen, es fanden wenige bis gar keine gemeinsamen oder standübergreifenden Shows statt. Hier muss allerdings fairerweise dazu gesagt werden, dass die Bühnen bei FunDorado, Stripchat, visit‑x und Mydirtyhobby wirklich gut waren und viele Besucher animierten, ihre Handys zu zücken und Erinnerungsfotos zu schießen.
Bei Mydirtyhobby machte Texas Patti eine gute Figur und moderierte die Show mit gewohntem Engagement.
B2B-Bereich
Eine Wohltat für die Ohren, weil ohne die ohrenbetäubend laute Musik der Show Area, war der B2B-Bereich der Venus 2022, in dem Aussteller und Fachbesucher gut miteinander ins Gespräche kommen konnten. Diese Halle war jedoch auch für den "normalen" Besucher interessant, da hier und da beispielsweise lebensechte Sexpuppen ausgestellt oder auch erotische Hypnosen angeboten wurden. Auch die Möglichkeit, sich hier zur Entspannung (kostenlos!) den Rücken massieren zu lassen, verzückte einige der Besucher.
Manche Händler trauerten dem Donnerstag als Fachbesuchertag nach, doch mit dieser Idee der räumlichen Trennung ist es den Messeverantwortlichen ziemlich gut gelungen, allen Besuchern gerecht zu werden.
Die Cam Area bot nur wenig fürs Auge
Sicher ist es Geschmackssache, aber das Who-is-Who der Camgirls war in dieser Halle der Venus 2022 sicher nicht zu finden, eher die durchschnittliche Amateurin, die sich auf der Messe einem größeren Publikum präsentieren wollten und auch konnten. Doch bis auf Lena Heart und Maria Gail (mit der wir demnächst ein Interview führen werden) dominierten hier – und das muss einmal so direkt gesagt werden – Fettbäuche, Hängebrüste und von oben bis unten tätowierte und/oder aufgespritzte Bimbodolls und andere teilweise unansehnliche Vertreterinnen der deutschen Camgirlszene, die oft gelangweilt an ihren Ständen standen.
Einzig die große Showbühne in der Halle bot eine gute Abwechslung zum nicht vorhandenen Programm der eben erwähnten Livecamgirls. Die Shows, die hier gezeigt wurden, lockten eine größere Menge Männer (und Frauen) an, die auch immerhin etwas fürs Auge geboten bekamen.
Sehr großer Beliebtheit erfreute sich hingegen die Ladies Area, an der wir ständig lange Schlangen erotikbegeisterter Frauen entdeckten, die auf Einlass in die besucherfreie Zone und auf knackige Männershows warteten. Generell sollte der Fokus mehr auf das weibliche Publikum gesetzt werden, wie es beispielsweise auf Veranstaltungen im Ausland (wie der Salón Erótico in Barcelona) teilweise der Fall ist.
Kinky Area war teilweise verwaist
Domina Lady Nadine Bauer führte auf der Venus 2022 ein Fetischcasting durch. Interessierte hatten hier direkt die Möglichkeit, sich einmal diskret auf die Sklaveneigenschaften testen zu lassen. Etwas öffentlicher ging es weiter vorne zu, wo einige sehr ansehnlich in Schale geworfene Dominas die Peitschen und Gerten auf Besucher- und Besucherinnenpopos sausen ließen, was nicht nur den Beteiligten, sondern auch den Zuschauerinnen und Zuschauern eine Menge Freude in die Gesichter zu schrieben schien.
Auch auf der Fetischbühne fanden regelmäßig Shows statt. Von Folienbondage über ein zünftiges Auspeitschen gleich mehrerer weiblichen Subs bis hin zu einer erotischen Schulmädchendarbietung war hier eine ganze Menge zu sehen.
Leider waren die Randbereiche der Fetischhalle teilweise zu verwaist, um dort eine gute Stimmung aufkommen zu lassen und so beklagten sich einige der Standbetreiber bzw. Aussteller über zu wenig Publikumszulauf. Sicher war dies aber auch der teilweise etwas lieblos gestalteten Standaufbauten geschuldet, die nicht besonders zum Hineinschnuppern oder gar Verweilen einluden.
Im oberen Bereich gab es eine Autogrammstunde – schade nur, dass die hinter den vielen Schuhkartons eines Ausstellers stattfand und viele Besucher gar nicht wussten, dass es hier noch etwas zu sehen gab.
Das Fazit zur Venus 2022
Was versprochen wurde, konnte nur teilweise gehalten werden. Insgesamt lieferte die Venus 2022 zwar einen soliden Auftritt ab, aber am Konzept sollten die Macher arbeiten, um die Besucher nicht ganz zu verlieren: Eintrittspreise runter, Shows für Frauen rauf, Workshops zum Mitmachen anbieten und "Late-entry-Tickets" anbieten.
Nach der Coronapandemie merkte man, dass sich viele noch nicht trauten, eine Großveranstaltung zu besuchen. Unter diesem Gesichtspunkt ist die eher enttäuschende Besucherzahl zu relativieren. Die nächste Venus im kommenden Jahr wird bestimmt wieder mehr Besucher anziehen und wenn hier und da an einigen Stellschrauben gedreht werden wird, auch sicher ein Erfolg.
Doch das Positivste der Veranstaltung war etwas Negatives: unsere Mitarbeiter und Branchenkollegen, die wir auf der Messe trafen, blieben nach den jüngst durchgeführten Covid-Tests allesamt coronafrei. Na immerhin etwas.
Ein paar allgemeine Worte zur Sexmesse in Berlin
Die Erotikmesse Venus die weltweit größten Erotikmesse. Sie findet alljährlich in Berlin statt und fokussiert sich nicht zuletzt auf den Fetischbereich, obwohl alle anderen Segmente der Erotik ebenso vertreten sind. Auf der Messe werden verschiedene Erotikprodukte, Dessous, erotisches Spielzeug, SM-Kostüme, Filme und noch vieles mehr angeboten. Zudem ist die Messe auch bekannt für ihre verschiedenen Veranstaltungen, Veranstaltungen, Showcases und Partys.
Seit 1997 gibt es die weit über ihre Grenzen hinaus bekannte Erotikmesse schon. Hier wurden Legenden erschaffen, Stars und Sternchen finden hier ihr ideales Parkett. Auch dieses Jahr wurden viele Promis gesichtet, so etwa Michaela Schäfer und Pornoqueen Josy Black. Wer als Gast über die Messe bummelt, hat also durchaus die Chance, seinen Idolen zu begegnen. Es ist ein Sehen und gesehen werden.
Auch wer Lust hat, sich mit kinky Accessoires, lustmachenden Toys oder sexy Dessous auszustatten, ist hier genau richtig. Zudem kommen Gäste auch gern in Kontakt mit den Ausstellerinnen und Ausstellern. Die Venus 2022 war zwar geprägt von vergleichsweise wenig Besucherzulauf, organisatorische Defizite müssen in zukünftigen Veranstaltungen dringend verbessert werden. Und doch: Das Flair der Messe ist einzigartig. Wer das besondere suchte, durfte die Venus 2022 in vollen Zügen genießen.
Die Aussteller – das Who-is-Who der Erotikbranche
Noch immer kann man auf der offiziellen Website der Venus 2022 die Liste der Aussteller aufrufen. Die bekanntesten Namen der Szene waren natürlich auch dieses Jahr dabei. Die zeigefreudigen Webcam-Girls und heiße Erotik-Tänzer brachten die Besucher dazu, die Zeit zu vergessen und den Moment zu genießen. Dazu trugen natürlich auch die Shows bei, bei denen die Akteure alles gaben. Auch wenn es hätten mehr Zuschauer sein können – die, die da waren, bekamen einiges geboten. Viel nackte Haut, verführerisches Räkeln, kunstvolle Bestrafungen in der Fetisch-Area und vieles mehr hinterließ mächtig Eindruck. Begeisterte Besucherstimmen schwärmen noch heute von der Venus 2022. Der Tenor, dass die Veranstaltung aber wohl schon einmal besser gewesen wäre, bleibt jedoch.
Mehr Mitmachangebote, mehr für Frauen
Wer auf die Venus 2022 kam, wollte nicht nur etwas zu sehen haben. Viele Besucher lieben die Messe, weil es immer wieder Angebote gibt, die live ausprobiert werden können. So wird zum Beispiel die Fetisch-Area von den Fans ganz besonderer Spielarten sehr geschätzt. Hier wird Inspiration vom Feinsten geboten, auch die Venus 2022 bildete dabei keine Ausnahme. Wer wollte, kam voll auf seine Kosten. Stars zum Anfassen, Neuigkeiten zum Ausprobieren, Life-Sessions zum Mitmachen – das Programm war prall gefüllt. Es zeigte sich auch in diesem Jahr wieder: Mitmachangebote sind gefragt wie nie. Gerade auch für Frauen. Stripper, Erotik-Tänzer, Massageangebote und tolle neue Toys stießen auf großes Interesse.
Es kann deshalb auch nicht oft genug wiederholt werden: Auch Frauen als Zielgruppe sollten die Macher im Blick haben. Die Ladies waren von den heißen Tanzvorführungen der beweglichen Jungs auf der großen Showbühne begeistert.
Wer also glaubt, die Erotikmesse sei nur eine Veranstaltung für Männer, die möglichst hautnahe Fotos schießen wollen, der irrt. Ganz unterschiedliche Nischen werden auf professionellem Niveau bedient. Auch Amateur-Auststellerinnen und Aussteller nutzen das Pflaster gerne, um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern. Und die Venus 2023? Kann gerne kommen und zeigen, was sie kann!
Fotos und Video © by Heinz Lienhardt – Vielen Dank!