Inhaltsverzeichnis
Sperma-Allergie: Brennen und Jucken beim Sex – ein Mythos oder Wahrheit?
Wenn es beim Vögeln juckt und der Körper rebelliert, muss nicht zwingend eine Geschlechtskrankheit vorhanden sein
Sperma-Allergie: Ein Allergietest kann Licht ins Dunkel bringen / Ein Bericht von Dr. Dorothea Flogger
Heuschnupfen, Pollenallergie und fiese Ausschläge: Unverträglichkeiten gibt es zahlreich. Manchmal sind es Nüsse, ein Waschpulver, Insekten oder Hausstaub, die Allergien auslösen können. Dennoch sind manche Menschen besonders schlimm betroffen und die Sperma-Allergie tritt beim Sex auf. Wer zu den Pechvögeln gehört, kann jedoch auf ärztliche Hilfe bauen. Eronite klärt auf.
Man(n) liegt mit einer hübsche Frau im Bett und genießt die traute Zweisamkeit und spritzt seiner Partnerin nach dem Akt den Samen ins Gesicht, auf den Körper oder in die Pussy. Plötzlich juckt und brennt es. Ausgerechnet jetzt. Denn beim Kontakt mit Sperma kann es zu einer allergischen Reaktion kommen, wenn fremde Samenflüssigkeit mit der eigenen (Schleim-)Haut in Berührung kommt. Die Folge sind Schwellungen und Rötungen, gepaart mit Ausschlag und quaddelartigen Erhebungen am ganzen Leib. Manchmal kommt es auch zu heftigeren Reaktionen und die "Vollgespritzten" klagen über Übelkeit, Erbrechen und manchmal sogar heftigen Durchfall. Lebensgefährlich ist die Sperma-Allergie zwar äußerst selten, dennoch ist sie mehr als störend, denn wer möchte bei der schönsten Sache der Welt schon so gepiesackt werden von seinem eigenen Körper?
Die meisten Gynäkologen wissen bereits seit einigen Jahren, daß es diese Allergieform gibt und sprechen von typischen Symptomen, wenn die Sprache auf die Sperma-Allergie kommt. "Wenn ein Jucken oder Brennen auf der Haut direkt nach dem Kontakt mit Sperma entsteht, sollte direkt ein Frauenarzt aufgesucht werden", rät Frau Dr. Dorothea Flogger ihren Patienten in der Sprechstunde. Daß Atemwege blockiert werden durch Schwellungen und es zur Ohnmacht kommt, ist jedoch so gut wie ausgeschlossen, wie Dr. Flogger betont: "Todesfälle durch Spermakontakt sind nicht bekannt, da muss sich niemand Sorgen machen."
Die Sperma-Allergie tritt unabhängig vom Partner auf
Nicht das Sperma an sich ist das Problem, sondern das "Seminalplasma", die in der Samenflüssigkeit enthaltenen Spermien. Der Körper reagiert falsch und bekämpft das eigentlich ungefährliche Sekret als Krankheitserreger und sorgt so für die heftige Reaktion des Körpers. Bei den meisten Allergien sind die Ursachen der Unverträglichkeit bereits bekannt, bei der Überreaktion auf Sperma jedoch tappten die Wissenschaftler lange im Dunkeln, bis es vor einem knappen Jahrzehnt gelang, den Störenfried zu ermitteln: Ursächlich ist das PSA, ein Antigen der Prostata, eigentlich ein Protein. Jede Samenflüssigkeit weist dieses Eiweiß auf. "Ein Partnerwechsel ist daher wenig sinnvoll, jeder Mann trägt diesen Stoff in sich", führt Dr. Flogger weiter aus.
Glücklicherweise ist die Sperma-Allergie nicht weit verbreitet
Auf Ärztekongressen rund um den Globus ist die Allergie kein Thema, zu selten tritt die gemeine Reaktion beim Sex auf. Nur circa 80 Fälle wurden in der medizinischen Fachliteratur beschrieben. "Die Überreaktion in Zusammenhand mit Samenflüssigkeit ist Gott sei Dank sehr selten, lediglich 35.000 Frauen sind betroffen – und das weltweit", zeigt sich Dr. Flogger einigermaßen erleichtert, fügt jedoch hinzu, daß die Forschung bei der Sperma-Allergie noch in den Kinderschuhen stecke.
Meist hingen die Allergien mit anderen Überreaktionen zusammen. Wer also ohnehin allergisch ist, hat auch hier ein höheres Risiko zu tragen. Frauenärzte lassen die Allergie durch Allergologen untersuchen, die Tests mit Sperma im Labor auswerten, um Klarheit zu schaffen, ob es wirklich an den männlichen Lusttropfen liegt oder eher an zum Beispiel einer Nahrungsmittelunverträglichkeit.
Die Dunkelziffer ist hoch – eine Meldung ans Gesundheitsamt ist keine Pflicht
Viele schämen sich für ihre Sperma-Allergie und trauen sich nicht, ihrem Arzt davon zu erzählen. Wissenschaftliche Experten gehen davon aus, daß die Dunkelziffer der Betroffenen um 12 Mal höher liegt als die bekannten und dokumentierten Fälle. Solange kein Kinderwunsch besteht, verhüten viele Paare mit Kondom, um so das Problem zu umgehen. So bleibt die Frau von den Symptomen verschont. Übrigens: Männer leiden seltener an einer Sperma-Allergie. "Über 90% der Betroffenen sind Frauen", so Dr. Flogger abschließend.
Die gesetzlichen Krankenkassen stellen sich quer
Auch wenn es nicht bedeutet, daß eine Sperma-Allergie weder per se gesundheitsschädlich ist noch das Leben im medizinischen Sinne stark einschränkt, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Behandlungskosten der Medikation in der Regel nicht. Wer jedoch eine medizinische Indikation (Notwendigkeit) nachweisen kann, hat eventuell mehr Glück oder ist privat versichert. Bei leichten Symptomen ist es möglich, vor dem Geschlechtsverkehr Tabletten einzunehmen. Eine zweite Variante im Gegensatz zur medikamentösen Behandlung ist die Hyposensibilisierung, bei der der weibliche Körper eine Toleranz gegenüber dem Allergen entwickeln kann, wobei die Erfolgschancen als recht hoch gelten. Dies gilt vor allem für Frauen, die keine Medikamente einnehmen möchten. Wer sich Kinder wünscht und schwanger werden möchte, kann auch mit gewaschenen Spermien künstlich befruchtet werden.