Was stellt man sich unter einer Sexologin vor?
Schon gewusst? Birte Fulde ist nicht nur Brand-Marketing-Leiterin beim Sexspielzeugversand ORION, sondern auch seit mittlerweile gut einem Jahr eine ausgebildete Sexologin. Wir haben mal bei ihr nachgehakt, was man sich da jetzt genau drunter vorstellen kann und inwieweit diese extra Qualifikation in ihre Arbeit für den Sextoyexperten einfließt.
Birte Fulde ist Sexpertin für Lovetoys
Frage Liebe Birte, seit gut einem Jahr bist du jetzt schon Sexologin. Wie kommt eine Frau zu so einer Berufung? Was war deine persönliche Motivation dafür?
Sexologin Birte Ich bin mir nicht ganz sicher, aber mein Talent, über Sex zu reden, wurde mir wahrscheinlich schon in die Wiege gelegt. Ich kann mich beispielsweise noch eine Situation erinnern, als ich ungefähr acht Jahre alt war und im Otto-Katalog zwei Seiten mit „Massagestäben“ sah. Ich fragte mich tagelang, wie man sich mit diesen länglichen Dingern denn bitte den Nacken massieren soll. Mir war damals wohl schon klar, dass es Gegenstände gibt, die man einfach besser und ausführlicher erklären muss.
Es hat dann noch mal 30 Jahre gedauert, bis ich „Massagestäbe“ nicht nur privat, sondern auch beruflich zu schätzen lernte. Vor fünf Jahren habe ich dann die Leitung vom ORION Brand Marketing übernommen – eine Position, in der man sich eigentlich weniger um Vibratoren, Vulven oder Vakuum-Fetisch kümmert, sondern mehr um Öffentlichkeitsarbeit.
Aber das, was in dem achtjährigen Mädchen schon schlummerte – nämlich der Gedanke, dass man Massagestäbe einfach besser erklären muss, lies mich einfach nicht los. Und so begann meine Aufklärungsarbeit für unseren Instagram-Kanal und Co. Die Ausbildung zur Sexologin war dann eigentlich nur der nächste logische Schritt, um mein bis dahin gesammeltes Know-how weiter zu vertiefen und offiziell zu machen.
Frage Sexologin – das hört sich ja ehrlicherweise fast schon wie ein Fantasie-Beruf an. Gibt es da tatsächlich eine anerkannte Ausbildung für? Und wie läuft die genau ab?
Sexologin Birte Genau genommen bin ich sogar Sexualtherapeutin, mein Schwerpunkt ist aber nicht die Therapie, sondern mehr die Aufklärungsarbeit, daher nenne ich mich auch lieber Sexologin. Und ja natürlich, es gibt sehr viele anerkannte Ausbildungsmöglichkeiten dafür. Meine dauerte beispielsweise insgesamt ein Jahr und war die meiste Zeit ein Fernstudium. Zum Abschluss gab es dann noch eine Woche ein richtiges Hardcore-Bootcamp mit Schulungen von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends – erst dann hatte ich endlich mein offizielles Zertifikat.
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Frage Wie hilft so eine Sexologin jetzt genau den Menschen? Du darfst ja wohl keine blauen Pillen verschreiben. Oder etwa doch?
Sexologin Birte Nein, das darf ich nicht – und das würde ich auch nicht tun! Ich bin generell eher vorsichtig mit meiner Arbeit und weise lieber rechtzeitig auf Fachärzte hin, da der medizinische Hintergrund bei einigen Auffälligkeiten extrem wichtig ist.
In der Regel helfe ich als Sexologin mit kleinen Hilfsmitteln und Tipps, um Klassiker wie Libidoverlust, erektile Dysfunktion oder auch eine allgemeine sexuelle Unsicherheit besser in den Griff zu bekommen. Was ich den Menschen dabei immer sehr gerne mitgebe, ist die Tatsache, dass es Wunder wirken kann, sich mit der eigenen Anatomie auszukennen.
Frage Klingt echt spannend – und wirft auch gleich die Frage auf, wo praktizierst du eigentlich? Hast du noch eine eigene Praxis neben ORION?
Sexologin Birte Nein, ich habe mich bewusst dafür entschieden, keine Praxis aufzumachen und damit nur einzelnen Personen zu helfen. Ich möchte stattdessen lieber sehr viele Menschen erreichen. Deshalb rede ich gerne und viel auf Instagram unter @orionversand über das Thema Sex. Aber auch unter @birtefulde trifft man mich und meine Aufklärungsarbeit.
Frage Gibt es eigentlich einen bestimmten Typ Mensch, der deine Hilfe sucht oder sind die Hilfesuchenden eher querbeet durch alle Altersklassen und Gesellschaftsschichten?
Sexologin Birte Es geht tatsächlich querbeet durch alle Altersgruppen und Gesellschaftsschichten, aber gerade zwei Fälle haben sich als besonders typisch im Laufe der Zeit herausgearbeitet.
Case 1: Frauen mit Mitte 30, die auf einmal feststellen, dass sie ihren eigenen Körper und ihre sexuellen Vorlieben kaum kennen. Im Schlafzimmer wird seit Jahren das Gleiche gemacht – und dann kommt der Libido-Verlust. Meiner Meinung nach absolut kein Wunder! Denn vergleicht man diese Situation mit Essen, ist das ein bisschen so, als ob man 10 Jahre Hühnchen mit Reis gegessen hat. Man hat das bisher nie infrage gestellt, aber jetzt merkt man auf einmal, dass man einfach keinen Bock mehr darauf hat. Was da hilft? Sich einfach mal durch verschiedene Rezepte durchprobieren und dabei auch gleich lernen, wie man die neuen Lieblingsgerichte zubereitet. Wetten, dass der Hunger ganz schnell wieder kommt?
Case 2: Männer mit Erektionsstörungen – und zwar unabhängig vom Alter. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Neben Krankheiten und Stress sind hier Porno- oder auch Masturbationssucht immer häufiger ein Auslöser.
Frage Wem beantwortest du mehr Fragen? Paaren oder Singles? Und hast du vielleicht eine Idee, warum das so ist?
Sexologin Birte Es sind mehr Paare, die zu mir kommen. Denn Singles schaffen es tatsächlich in der Regel viel besser, ein erfülltes Sexleben für sich zu realisieren. Tritt dann ein Mensch in ihr (Sex-)leben, geht oftmals das große Rätselraten los: Was mag er oder sie? Das hat doch bisher immer funktioniert, das müsste doch jetzt auch funktionieren etc. Besser als Rätselraten ist da die Kommunikation mit dem Gegenüber – auch in Sachen Sex. Und man sollte auf jeden Fall regelmäßige Me-Times einplanen. Um nicht vor lauter Partnerschaft den Bezug zu sich selbst zu verlieren – und um auch mal die eigenen Bedürfnisse ganz bewusst in den Fokus zu rücken. Denn das tut wiederum der Partnerschaft gut.
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Frage Was uns natürlich auch alle brennend interessiert: Sind Männer und Frauen in Sachen Liebe wirklich so unterschiedlich gestrickt?
Sexologin Birte Ja, sind sie ganz klar. Und das ist leider gesellschaftlich bedingt. Männer haben oftmals eine viel bessere sexuelle Wahrnehmung für ihren eigenen Körper. Schließlich ist es für sie völlig normal, von klein auf ihren Penis in die Hand zu nehmen und sich damit zu beschäftigen. Wenn sie älter werden, ist es absolut legitim, ja teilweise sogar gewollt, dass sie experimentieren und sich die sogenannten Hörner abstoßen.
Mädchen und Frauen haben dagegen ganz oft keinen Bezug zu ihrer Vagina und wissen nicht mal richtig, wie sie aussieht. Zumindest würden sie sie im Fundbüro nicht so leicht wiederfinden, wenn sie verloren ginge… Und probiert sich FRAU sexuell aus, steht leider das Wort Schlampe ganz schnell im Raum – auch im Jahr 2022.
Frage Zurück zu Dir: Wie reagiert dein Umfeld auf deine Zusatz-Qualifikation? Musst du jetzt auf jeder Party Tipps geben? Oder hast du vielleicht sogar mit Vorurteilen zu kämpfen?
Sexologin Birte Natürlich wird auf Partys gerne mal nachgefragt – wobei typischerweise ausschließlich nur in Frauenrunden persönliche Probleme angesprochen werden. Die Männer bleiben da doch etwas distanzierter und wollen eher allgemeine Dinge wissen, wie zum Beispiel welche Fragen mir als Sexologin gestellt werden.
Was mich persönlich sehr freut: Bisher habe ich für meine Arbeit nur positive Bestärkung bekommen. Und es kommen sehr viele Freunde, Bekannte und befreundete Jugendliche mit ihren Fragen auf mich zu. Ein mega Kompliment für mich – beweist es mir doch, dass ich mit meiner Arbeit Kompetenz und Sicherheit vermittle und dabei auch gleichzeitig einen anonymen Raum für persönliche Probleme bieten kann.
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Frage Jetzt mal aus Expertinnen-Sicht: Wie sieht deiner Meinung nach ein erfülltes Sexleben aus? Oder andersrum gefragt: Was ist deiner Meinung nach die häufigste Ursache für Probleme mit Sexualität?
Sexologin Birte Die wichtigsten Zutaten für ein erfülltes Sexleben habe ich im Grunde schon genannt: Ich kenne meinen Körper und weiß, was er mag – und ich kann dieses auch klar kommunizieren. Die Ursache für viele sexuelle Probleme ist und bleibt neben den gesellschaftlichen Normen die Unwissenheit. Das geht manchmal sogar so weit, dass Personen sogar bei konkreter Nachfrage nicht wissen, ob sie etwas mögen oder nicht.
Frage Was wir natürlich auch unbedingt wissen wollen: Gibt es ihn – den ultimativen Orgasmus-Tipp?
Sexologin Birte Ja, es gibt ihn. Er ist eigentlich ganz einfach – und gleichzeitig auch unheimlich schwer: Achtsamkeit! Sprich: Ich bin bei jeder Berührung voll bei der Sache – und zwar von der Anheiz-Phase bis hin zum Ende des Liebes-Akts. Einkaufslisten, der Job oder gar die Frage, ob ich jetzt besser den Bauch einziehen sollte, haben dann absolut nichts im Kopf zu suchen (sag ich doch: easy…).
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Frage Klar, die Liebe ist bunt. Aber gibt es auch Themen, über die es dir eher schwerfällt zu sprechen – oder die sogar vielleicht ein Tabu für dich sind?
Sexologin Birte Sexualität gibt es in vielen Formen und solange alles einvernehmlich passiert, bin ich fein damit – egal, auf welches Genre jemand steht. Es gibt aber natürlich auch (zu Recht) kritische Tabuthemen wie beispielsweise Pädophilie. Auch solche Dinge müssen und sollten behandelt werden. Aber nicht von mir. Dafür gibt es extra Therapeuten, die darauf spezialisiert sind.
Frage Glaubst Du, dass Du mit Deiner Arbeit die Welt zumindest ein kleines Stückchen besser machen kannst? Und wenn ja, warum?
Sexologin Birte Oh, ich hoffe es sehr! Denn eine gesunde Sexualität ist für uns Menschen in vielerlei Hinsicht so wichtig: um ein besseres Gefühl für sich selbst zu entwickeln, um eine erfülltere Partnerschaft zu haben und um mit jeder Menge Endorphinen im Köper einfach auch glücklicher zu sein.
Frage Pikante Frage zum Schluss: Wie sehr beeinflusst deine Ausbildung zur Sexologin dein persönliches Liebesleben?
Sexologin Birte Viele Leute glauben natürlich, dass bei uns immer alles Chico ist und wir nonstop die Betten rocken. Aber wir sind auch nur ein ganz normales Paar und haben unsere Höhen und Tiefen. Und das mit der Achtsamkeit bekomme ich natürlich auch nicht immer so hin, wie ich es predige. Dennoch macht mir meine Arbeit immer wieder aufs Neue klar, worauf man alles achten kann und erinnert mich auch, dies selbst für mich umzusetzen. Und das ist doch schon mal echt ein befriedigender Anfang…