Inhaltsverzeichnis
Vom Laster zur empfohlenen Sexpraktik
Die Popkultur der Onanie kann auf eine lange und widersprüchliche Geschichte zurückblicken. Statistischen Erhebungen zufolge ist Masturbation, Onanie oder Selbstbefriedigung weit verbreitet. Eigenen Angaben zufolge masturbieren mehr als 90 Prozent aller Männer und mehr als 86 Prozent aller Frauen. Da in den Statistiken immer eine gewisse Dunkelziffer enthalten ist, kann davon ausgegangen werden, dass praktisch jeder Mensch mehr oder weniger regelmäßig masturbiert. Selbstbefriedigung ist die häufigste Form der sexuellen Betätigung.
Popkultur der Onanie – wie es früher war
Von der Antike bis weit ins Mittelalter hinein standen die Menschen der Selbstbefriedigung zumindest neutral gegenüber. Es war eine Sache, die jeder praktizierte, über die man aber nicht in der Öffentlichkeit sprach. Die neutrale Haltung der Popkultur der Onanie änderte sich mit dem ausgehenden Mittelalter und wurde zunehmend negativ. Wie jede andere Form von Sex, der nicht der Fortpflanzung diente, sah die katholische Kirche Selbstbefriedigung als Sünde an, die es zu bekämpfen galt.
Im Zeitalter der Aufklärung wurde es wider erwarten nicht besser, sondern schlimmer. Die negative Bedeutung der Popkultur der Onanie verschärfte sich. Im 18. Jahrhundert galt in einigen Ländern Masturbieren als eine Straftat. Zu dieser Zeit erschienen auch die ersten Bücher, in denen lang und breit die Gefahren der Masturbation beschrieben wurden. Sie legten die Grundlage für Gerüchte und Fehldeutungen über die Masturbation, die bis in das 20. Jahrhundert andauerten. Die "Selbstbefleckung", wie Masturbation genannt wurde, führte angeblich zu "Gehirnerweichung", Rückenmarksschwund, Lepra oder Krebs. Masturbation wurde insbesondere für die Entstehung von Akne verantwortlich gemacht.
Darüber hinaus schrieb die Popkultur der Onanie der sexuellen Praktik das Entstehen psychischer Störungen vor. Selbst der bekannte Psychiater Sigmund Freud war der Ansicht, dass Masturbation egoistisch sei, zur Disziplinlosigkeit führen und im späteren Leben das Rauchen oder den Missbrauch von Alkohol oder Drogen begünstigen würde.
Ist Masturbation schädlich?
Nein, die moderne Medizin konnte keine schädigende Einflüsse durch die Selbstbefriedigung nachgewiesen werden. Der ständige Kampf gegen die "Selbstbefleckung" verursachte allerdings erhebliche psychologische Schäden bei Kindern und Jugendlichen. Er legte die Basis für Schuldkomplexe, sexuelle Verhaltensstörungen und Perversionen.
Lies auch:
• International Equal Masturbation Day am 23. Juni
• Dem Partner beim Masturbieren zuschauen – tu es!
• Wie häufig masturbiert der durchschnittliche Mann?
• Erlaubt? Selbstbefriedigung in der Partnerschaft
• Unternehmen spendiert Urlaub zum Masturbieren
• Häufige Masturbation = eingeschränkte Orgasmusfähigkeit?
Popkultur der Onanie – wie sieht es heute aus?
Die Einstellung zur Onanie hat sich so radikal geändert wie die Bezeichnung. Der Begriff Onanie bzw. onanieren ist veraltet. Er bezieht sich auf die biblische Gestalt Onan, die allerdings einen Coitus interruptus praktizierte, um eine Schwangerschaft zu vermeiden. Heute spricht man in der Popkultur der Onanie von Masturbation oder Selbstbefriedigung und in der Sexualwissenschaft von Autoerotik (damit sind aber keine heißen Schlitten gemeint, sondern eher Praktiken wie das Masturbieren oder beispielsweise Autofellatio).
Die moderne Popkultur der Onanie sieht Selbstbefriedigung als positiv für die Gesundheit an. Regelmäßige Selbstbefriedigung kann Prostatabeschwerden verhindern und eventuell sogar der Entstehung von Prostatakrebs vorbeugen. Darüber hinaus verbessert regelmäßiges Masturbieren die Qualität des Spermas. Wer einen Kinderwunsch hat, sollte daher regelmäßig masturbieren, damit sein Sperma immer frisch ist.
Der Samenerguss ist zudem ein Prozess, durch den Spannungen gelöst werden. Ärzte empfehlen daher Männern, die an Schlaflosigkeit leiden, vor dem Einschlafen zu masturbieren. Das entspannte Gefühl nach dem Orgasmus lässt sie sanft und angenehm in den Schlaf gleiten. Bei Frauen ist es ähnlich. Durch häufiges Masturbieren trainieren sie ihre Fähigkeit, einen Orgasmus zu haben. Zudem werden ihre Schamlippen und der Kitzler besser durchblutet und reagieren empfindlicher auf sexuelle Stimulationen.
Gibt es in der modernen Popkultur der Onanie auch negative Aspekte?
Auch heute noch wird Masturbation als negativ angesehen, wenn sie zum Beispiel in der Öffentlichkeit erfolgt. Andere Varianten, in denen ein Mann andere Personen beobachtet und dabei masturbiert, sind ebenfalls strafbar. In solchen Fällen ist jedoch nicht die Masturbation an sich strafbar, sondern die Tatsache, dass sie in der Öffentlichkeit oder ohne Wissen und Einverständnis der betroffenen Personen erfolgt.
Popkultur der Onanie: Wann und wie oft wird masturbiert?
Früher nahmen die Sexualforscher an, dass die Masturbation erst mit dem Erreichen der Pubertät einsetzt. Heute wissen sie, dass manche Männer schon viel früher anfangen zu masturbieren. Erste Vorstufen wurden bereits bei Kleinkindern beobachtet. Mit 15 Jahren, mitten in der Pubertät, masturbieren nahezu 100 Prozent der Jungen. Mädchen sind dagegen im Durchschnitt viel später dran. Sie masturbieren erst in den oberen Teenagerjahren regelmäßig.
Die Mehrheit der Teenager masturbiert mehrmals pro Woche, einige sogar mehrmals täglich. Die Häufigkeit nimmt bei den Erwachsenen ab. Sie schwankt stark und richtet sich nach dem Alter, dem Beziehungsstatus, der Häufigkeit von Sex und dem Gesundheitszustand ab.
Im Durchschnitt masturbieren Erwachsene nur mehrmals pro Monat oder als häufig als mehrmals pro Woche. Männer masturbieren im Durchschnitt wesentlich häufiger als Frauen.
Popkultur der Onanie: Wie wird masturbiert?
In einem Punkt sind sich Männer und Frauen einig. Ungefähr Zweidrittel masturbieren am liebsten abends im Bett. Manche masturbieren aber auch nachts. Da es im Internet immer mehr Pornos gibt, wächst die Zahl derjenigen, die tagsüber am PC masturbieren. Traditionell wurden zum Masturbieren Hände und Finger benutzt. Neuerdings zeigt sich in der Popkultur der Onanie, das immer mehr technische Hilfsmittel zum Einsatz kommen.
Vibratoren für Frauen gibt es bereits seit mehreren Jahrzehnten. In jüngster Zeit werden Sexspielzeuge für Männer immer populärer. Es handelt sich um Nachbildungen einer Muschi oder um einen Eichelvibrator. Die höchste Stufe der Popkultur der Onanie sind Real Dolls, Liebespuppen die auf den ersten Blick kaum von einer echten Frau zu unterscheiden sind. In der künstlichen Muschi ist ein Vibrator eingebaut, der das Gefühl von echtem Sex vermittelt.
Popkultur der Onanie: Ist Selbstbefriedigung unnatürlich?
Masturbation ist im Tierreich eine völlig normale Erscheinung. Sie wurde bei zahlreichen Tierarten nachgewiesen, darunter nicht nur Haustiere, sondern auch Wildtiere wie verschiedene Affenarten, Pferde, Wale, Fledermäuse, Bären und sogar Schildkröten. Das widerlegt die früher weit verbreitete Behauptung, dass Masturbation "widernatürliche Unzucht" sei. Nie war die Popkultur der Onanie so frei wie heute.