In­ter­view: Wenn se­xu­el­le Gren­zen zerfließen

Interview: Wenn sexuelle Grenzen zerfließen
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Was ist was? Das Por­no­le­xi­kon bie­tet al­len In­ter­es­sier­ten aus­gie­bi­ge In­for­ma­tio­nen zu Be­grif­fen aus dem Ero­tik­be­reich. Ein­zel­ne Wör­ter, Ab­kür­zun­gen und Flos­keln wer­den an­schau­lich er­klärt. Mit dem Ero­tik­le­xi­kon kann je­der Ero­tik­fan den ei­ge­nen Wort­schatz um ein paar in­ter­es­san­te Aus­drü­cke erweitern.
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Keusch­heits­gür­tel

Was ist was? Das Por­no­le­xi­kon bie­tet al­len In­ter­es­sier­ten aus­gie­bi­ge In­for­ma­tio­nen zu Be­grif­fen aus dem Ero­tik­be­reich. Ein­zel­ne Wör­ter, Ab­kür­zun­gen und Flos­keln wer­den an­schau­lich er­klärt. Mit dem Ero­tik­le­xi­kon kann je­der Ero­tik­fan den ei­ge­nen Wort­schatz um ein paar in­ter­es­san­te Aus­drü­cke erweitern.
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SEXBOMBE DES MONATS
Sexbombe des Monats: LolaLohse Pornos heizen ein

Sex­bom­be des Mo­nats: Lola­Loh­se Por­nos hei­zen ein

Nach ei­ge­ner Aus­sa­ge ist sie schüch­tern (nur nicht in den Lola­Loh­se Por­nos) und wird bei Ge­sprä­chen mit Män­nern sehr schnell ner­vös. Da­her fiel es ihr in der Ver­gan­gen­heit nicht leicht, neue Be­kannt­schaf­ten zu schlie­ßen. Doch mitt­ler­wei­le be­kommt die ge­lern­te Bä­cke­rin die Sa­che mit dem Sex bes­tens gebacken.

Es fin­det ei­ne gro­ße Por­no­gra­phi­sie­rung des All­tags statt

Im Be­reich Sex wird ger­ne ge­zeigt, aber im­mer noch er­staun­lich we­nig ge­dacht, ge­forscht und ge­re­det. Ruhm­rei­che Aus­nah­me ist Sex-Ak­ti­vis­tin Lau­ra Mé­ritt, die seit über zwan­zig Jah­ren als Be­trei­be­rin von Sex­clu­si­vi­tä­ten, Lach­for­sche­rin, Au­torin und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft­le­rin un­ter­wegs ist. Ich ha­be sie auf­ge­sucht, um zu er­fah­ren, wie sie se­xu­el­le Gren­zen zer­flie­ßen sieht. Um zu se­hen, wie sich die se­xu­el­len Än­de­run­gen und Be­we­gun­gen für sie äu­ßern, die ganz nah dran ist am Geschehen.

InterviewEro­ni­te   Lass mich gleich ins Zen­trum vor­sto­ßen: Wo be­fin­det sich die west­li­che Ge­sell­schaft in der se­xu­el­len Evolution?
Lau­ra (lacht herz­haft)   Gleich so ei­ne klei­ne Ein­stiegs­fra­ge. Re­den wir viel­leicht erst­mal von Eu­ro­pa. Ich fin­de, dass es sich in den ver­schie­de­nen Län­dern un­ter­schied­lich ent­wi­ckelt. In Deutsch­land be­ob­ach­te ich, dass sich sehr viel ver­än­dert hat. Neh­men wir die letz­ten 30, 40 Jah­re, weil das die Zeit der Frau­en­be­we­gung ist. Da ha­ben wir ei­ne neue De­fi­ni­ti­on von Se­xua­li­tät, weg von der nor­mie­ren­den he­te­ro­se­xu­el­len, die nur Pe­ne­tra­ti­on von Schwanz in Mö­se ver­steht, hin zu ei­ner Pa­let­te an ver­schie­de­nen Sex­prak­ti­ken. Selbst­be­frie­di­gung ge­hört mitt­ler­wei­le auch zur of­fi­zi­el­len De­fi­ni­ti­on von Sex! Es fin­det na­tür­lich auch ei­ne sehr gro­ße Por­no­gra­phi­sie­rung des All­tags statt, die aber nicht un­be­dingt so schlecht ist, wie Leu­te sa­gen, die den Ver­fall der Wer­te und den Un­ter­gang des Abend­lan­des er­ah­nen. Ich se­he eher, dass Ju­gend­li­che gut auf­ge­klärt sind, dass Sex ins­ge­samt mehr the­ma­ti­siert wird, aber nicht wirk­lich se­ri­ös über das The­ma ge­re­det wird.

Die sex­po­si­ti­ve Be­we­gung, die Por­no­in­dus­trie und se­xu­el­le Grenzen

Por­no­gra­phi­sie­rung heißt, dass es an der Ober­flä­che an­setzt und Sex meist kom­mer­zi­ell be­nutzt wird, al­so an­de­re Funk­tio­nen ein­nimmt als die der Lust­be­rei­tung, trotz­dem bin ich zu­ver­sicht­lich. So­wohl bei den Jun­gen, als auch bei den Al­ten, die jetzt mit ih­rem Sex ge­ra­de raus­kom­men, ist viel in Be­we­gung, und auch das ist ein Ver­dienst der so­zia­len Re­vo­lu­tio­nen, und na­tür­lich maß­geb­lich der Frau­en­be­we­gung, die ge­gen jeg­li­che fi­xe Zu­schrei­bun­gen kämpft.

Vie­les ist qua­li­ta­ti­ver, schö­ner, far­bi­ger und ge­sün­der geworden

Ero­ni­te   Gibt es ge­ra­de ei­ne Ent­wick­lung, die du be­son­ders in­ter­es­sant findest?
Lau­ra   Mir per­sön­lich ge­fällt, dass die sex­po­si­ti­ve Be­we­gung so ei­nen Auf­trieb be­kommt und sich die­ses Wort durch­setzt. Die sex-po­si­ti­ve Frau­en­be­we­gung gibt es schon seit den 70ern, als ge­gen das kom­plet­te Ver­bot von Por­no­gra­fie und ge­gen Zen­sur auch in­ner­halb des Fe­mi­nis­mus de­mons­triert wur­de. Auch toll, dass ge­ra­de jun­ge Leu­te kei­nen Ge­gen­satz zwi­schen Fe­mi­nis­mus und Por­no se­hen, für ih­re ei­ge­nen Bil­der kämp­fen und sich po­si­tiv da­mit aus­ein­an­der­set­zen. Das be­grü­ße ich sehr, und dass da­durch auf dem Por­no­markt et­was passiert.

Interview: Wenn sexuelle Grenzen verschwindenEro­ni­te   Wie zeigt sich die­se Bewegung?
Lau­ra   Po­rYes wird als Sam­mel­be­griff be­nutzt, um auf sex-po­si­ti­ve Bil­der und ei­ne al­len Ge­schlech­tern ge­recht wer­den­de se­xu­el­le Spra­che hin­zu­wei­sen. Fe­mi­nis­mus wird po­si­tiv be­setzt. Ängs­te ab­ge­baut, dass fe­mi­nis­tisch gleich Män­ner has­send oder Se­xua­li­tät ab­leh­nend sei. All die­se As­so­zia­tio­nen, die Me­di­en kräf­tigst ge­schürt ha­ben. Leu­te hal­ten es für selbst­ver­ständ­lich für Por­No zu sein, al­so ge­gen ras­sis­ti­sche, se­xis­ti­sche usw. Dar­stel­lun­gen in der Se­xua­li­tät, aber gleich­zei­tig wol­len sie an­de­re Bil­der se­hen. Ich be­ob­ach­te und be­glei­te das schon seit 20 Jah­ren und se­he das auch auf dem nor­ma­len Sex­markt, in der Sex­in­dus­trie. Spiel­zeu­ge sind qua­li­ta­ti­ver, schö­ner, far­bi­ger und ge­sün­der ge­wor­den. Und das kommt jetzt bei den Fil­men. Da darf dann auch bald die Dis­kus­si­on, ist das Kunst oder Por­no weg­fal­len. Die Grund­la­gen wur­den von den Frau­en­sex­shops ge­schaf­fen, die Wis­sen ver­mit­telt und Work­shops an­ge­bo­ten ha­ben. Heu­te fin­dest du auf je­der In­ter­net­sei­te In­for­ma­tio­nen über Spiel­zeu­ge. Es ist noch gar nicht so lan­ge her, dass es das nicht gab.

Ero­ni­te   Sind heu­te be­stimm­te Eti­ket­ten noch ak­tu­ell? Ich mei­ne da­mit Ein­ord­nun­gen wie les­bisch, schwul, he­te­ro, Mann, Frau?
Lau­ra   Ja. Lei­der. (Lau­ra lacht)

Ero­ni­te   Du sagst «lei­der».
Lau­ra   Vie­le Leu­te sind sich nicht be­wusst, dass Ge­schlecht kon­stru­iert ist. Wer­bung ist ex­trem ge­gen­dert, da­mit ganz klar zu er­ken­nen ist, das ist 'ne Frau, das ist 'n Mann, so sind Frau­en, so sind Män­ner. Die Main­stream-Sex­rat­ge­ber sind ex­trem auf star­re Rol­len­bil­der aus­ge­rich­tet: Wie pa­cke ich 'nen Mann an, wie 'ne Frau? Main­stream-Por­nos sind ex­trem se­xis­tisch. Und zwar ge­gen­über Frau­en und Männern.

Ge­schlechts­iden­ti­tä­ten wer­den lang­sam flie­ßend, aber se­xu­el­le Gren­zen zerfließen

Ero­ni­te   Ja, na­tür­lich. Der Witz ist bloß, dass sich die we­nigs­ten Män­ner dar­über be­wusst sind, dass sie da in ein Kli­schee rein­ge­steckt wer­den. Was im­mensen Druck erzeugt.
Lau­ra   Ge­nau. Das ist noch stark vor­han­den. Das ist auch in den Ju­gend­stu­di­en zu se­hen. Ju­gend­li­che sind zwar auf­ge­klärt und ma­chen das al­les schon ganz pri­ma, aber was nicht klar Mann, klar Frau ist, wird ab­ge­lehnt. Da ha­ben wir noch viel Auf­klä­rungs­ar­beit zu tun. Hier in der Groß­stadt (Ber­lin) ist es na­tür­lich toll, dass sich die Gren­zen ver­wi­schen. Dass die Ge­schlechts­iden­ti­tä­ten lang­sam flie­ßend wer­den. Das ist ein un­glaub­li­cher Gewinn.

Ero­ni­te   Da hat Ber­lin al­ler­dings auch ei­ne be­son­de­re Rolle.
Lau­ra   Oh ja. Ber­lin ist ei­ne Pionierin.

Interview: Wenn sexuelle Grenzen verschwindenEro­ni­te   Machst du dir Ge­dan­ken über das Phä­no­men der Lust? Was ist es für dich? Wo lie­gen für dich all­ge­mei­ne Ur­sprün­ge, wo dei­ne Wurzeln?
Lau­ra   Det sin ja Fra­gen… (lacht) Ja, ma­che ich, so­gar ziem­lich oft. Weil Lust für mich nicht nur se­xu­ell, son­dern auch Le­bens­lust ist. Eher ganz­heit­lich ein­ge­bun­den. Ich weiß na­tür­lich, dass kör­per­li­che Lust Aus­wir­kun­gen hat, auf das Psy­chi­sche, auf das see­li­sche Emp­fin­den. Wes­halb ich gro­ßen Wert dar­auf le­ge, dass ich das im­mer in Aus­tausch brin­ge. Na­tür­lich ver­än­derst du dich über die Jah­re. Da­durch wird mir na­he­ge­legt zu schau­en: Wo bist du denn jetzt? Was fühlt sich jetzt wie an? Wie ver­än­der­te es sich ge­gen­über letz­tes Jahr? Oder letz­te Wo­che? In wel­cher psy­chi­schen Ver­fas­sung bin ich? Je äl­ter ich wer­de, des­to mehr wird mir be­wusst, wie fle­xi­bel al­les ist. Was ganz wun­der­bar ist, weil es den Ho­ri­zont erweitert.

Ero­ni­te   Was macht für dich die An­zie­hungs­kraft von Men­schen aus?
Lau­ra   Das ist et­was ganz In­di­vi­du­el­les. Meis­tens ist es so, dass da was Span­nen­des rü­ber­kom­men muss. Über­haupt nichts Äu­ßer­li­ches. Wenn je­mand in­ter­es­san­te Sa­chen sagt oder ei­ne tol­le Aus­strah­lung, freu­di­ge En­er­gie hat, das in­ter­es­siert mich. Es kann schon mal sein, dass mir 'ne Far­be auf­fällt, oh, das ist ja mu­tig, ein li­la Hemd, schön, aber das macht kei­ne At­trak­ti­on für mich aus. Na­tür­lich auch: Nicht klar fest­ge­leg­te Ge­schlech­ter. Das fin­de ich viel span­nen­der, wenn ich mer­ke, oh, da lebt je­mand ver­schie­de­ne Sei­ten aus. Star­re Rol­len in­ter­es­sie­ren mich nicht. Auch nicht im Denken.

Der Main­stream­por­no und se­xu­el­le Gren­zen sind ex­trem reduziert

Ero­ni­te   Beim The­ma Äu­ßer­lich­kei­ten kom­me ich wie­der zum The­ma Por­no. Glaubst du, dass Por­nos über­haupt Sinn­lich­keit trans­por­tie­ren kön­nen, wo da doch Sex auf zwei Sin­ne re­du­ziert wird?
Lau­ra   Ja, das glau­be ich. Da darf ein­fach noch mehr ex­pe­ri­men­tiert wer­den oder auf frü­he­re Ge­ne­ra­tio­nen zu­rück­ge­grif­fen wer­den, die span­nen­de An­sät­ze hat­ten. Der Main­stream­por­no ist ex­trem re­du­ziert, aber du kannst mit der Ka­me­ra an­de­re Bil­der er­zeu­gen, an­de­re Per­spek­ti­ven. Du kannst Ver­än­de­run­gen der Haut auf­neh­men, es in Sze­ne set­zen, da gibt es vie­le Mög­lich­kei­ten. Wir müs­sen weg von der en­gen De­fi­ni­ti­on von Por­no, weg von den Fi­xie­run­gen, Kon­di­tio­nie­run­gen, weg von die­ser Pav­lov-Se­xua­li­tät. Se­xua­li­tät ist ein un­glaub­li­cher Reichtum.

Ero­ni­te   …und das Genießen.
Lau­ra   Ge­nau. Da musst du na­tür­lich erst­mal die ei­ge­nen, star­ren ge­sell­schaft­lich ver­mit­tel­ten Gren­zen über­schrei­ten. In öst­li­chen Kul­tu­ren exis­tie­ren da an­de­re pro­gres­si­ve­re Ansätze.

Ero­ni­te   An was denkst Du da?
Lau­ra   Se­xu­el­le und spi­ri­tu­el­le Tra­di­tio­nen kom­men eher aus dem Os­ten. Es exis­tie­ren ma­tri­ar­cha­le Struk­tu­ren, in de­nen se­xu­el­le Ri­tua­le ins Le­ben und in den Jah­res­kreis in­te­griert sind, jetzt zum Bei­spiel beim Über­gang vom Som­mer in den Herbst. Heu­te ist das stark über­la­gert und Se­xua­li­tät kaum noch so er­fahr­bar. Aber sol­che An­sät­ze kom­men wie­der: Wie baust Du Dei­ne ei­ge­ne Iden­ti­tät, Se­xua­li­tät in den Alt­tag, in den Jah­res­kreis, in das Le­ben ein? Z. B. im Tan­tra, wo wie­der be­wusst mit­ein­an­der ge­spielt wird, SM mit be­wuss­ten In­sze­nie­run­gen oder Work­shops: Mach Dir be­wusst was Du tust. Da ist ge­ra­de ein ge­sell­schaft­li­ches Be­dürf­nis, nach mehr Sinn, mehr In­halt, mehr…

Ero­ni­te   Substanz?
Lau­ra   Ja. Das gilt na­tür­lich auch für die Se­xua­li­tät. Das ist auch ein Grund, wes­halb vie­le Ju­gend­li­che schein­bar rück­wärts ge­hen und dann ge­klagt wird: Oh, die ma­chen gar kei­nen Sex mehr. Aber es ist ein Zu­rück­tre­ten von der ober­fläch­li­chen Se­xua­li­sie­rung. Zu­rück zu et­was Tie­fe­rem, Ver­bind­li­che­ren. Wenn das in kon­ser­va­ti­ven Rol­len­mus­tern en­det, heißt das nur, dass an­de­re Vor­schlä­ge nicht weit ver­brei­tet und zu­gäng­lich sind. Da müs­sen wir was machen.

Sie ist ei­ne rich­ti­ge Sexper­tin – das be­weist sie gleich

Ero­ni­te   Al­ter­na­ti­ven bieten.
Lau­ra   Und nicht nur für die Ju­gend­li­chen, son­dern auch für uns. Es ist ei­ne gu­te Zeit da­für, denn die Leu­te sind rich­tig hung­rig nach neu­en, an­de­ren For­men, an­de­ren Bil­dern der Por­no­gra­phie Und die ge­hen weg, manch­mal selbst vom gut in­sze­nier­ten Fi­cken.

InterviewAn­ge­regt von dem Ge­spräch, fra­ge ich Lau­ra, ob sie den Film „De­stric­ted“ ken­ne. Der Ti­tel sag­te ihr nichts. Ich er­zäh­le ihr al­so von die­ser Samm­lung wirk­lich ge­lun­ge­ner „Kunst-Por­nos“. Als ich die Be­tei­li­gung der ser­bi­schen Künst­le­rin Ma­ri­na Abra­mo­vic er­wäh­ne, klin­gel­te et­was bei ihr, sie steht auf, wühlt in ei­nem Sta­pel DVDs her­um und zieht den Film her­aus. Tja, was ei­ne rich­ti­ge Sexper­tin ist…
Lau­ra   Ja, der ist gut. Sehr spe­cial gemacht.

Ero­ni­te   Da gibt es ja die Leu­te, die mei­nen, dass Por­no der Un­ter­gang der Zi­vi­li­sa­ti­on sei. Ich ha­be das Ge­fühl, da fin­det was völ­lig an­de­res statt. Lass es mich mal «The­ra­pie auf ge­sell­schaft­li­chem Ni­veau» nen­nen. Was sagst du dazu?
Lau­ra   Ich bin nicht so 'ne Freun­din von The­ra­pie und Psy­cho­lo­gi­sie­run­gen. Ich wür­de ein­fach sa­gen, es ist an der Zeit. Wenn du zu­viel von ei­ner Sor­te be­kommst, dann kippt es ir­gend­wann. Aus­schlag­ge­bend sind das In­ter­net und der freie Zu­gang zu Me­di­en. Du kriegst es nicht nur vor­ge­setzt. Du kannst es selbst ma­chen. Na­tür­lich kannst du ko­pie­ren, was du siehst, aber du hast auch die Chan­ce was völ­lig an­de­res zu ma­chen. Wie üb­lich, wis­sen vie­le mit die­ser Frei­heit nicht viel an­zu­fan­gen. Die­se neu­en Me­di­en ge­ben die Mög­lich­keit et­was Po­si­ti­ves mas­sen­haft zu ver­brei­ten und Leu­te be­tei­li­gen sich daran.

Se­xu­el­le Grenzen

Des­halb ha­ben wir den Fe­mi­nist Porn Award und Po­rYes ge­grün­det: Wir ge­ben euch Kri­te­ri­en an die Hand und dann könnt Ihr euch nach de­nen mal ei­nen Film an­schau­en. Da­mit wir von star­ren Gen­res weg­kom­men und Viel­falt statt Nor­men ver­brei­ten. Ich bin auch ei­ne Ver­fech­te­rin von Wort­neu­schöp­fun­gen, auch im Be­reich Sex. Dass Wor­te fle­xi­bel sind und dass du je­des Wort an­ders ver­wen­den kannst. Vie­le Frau­en sind un­zu­frie­den mit den se­xu­el­len Wor­ten, weil es Schimpf­wör­ter sind, z. B. «Fot­ze». Da ha­ben wir lan­ge dran ge­ar­bei­tet, dass je nach­dem wer das wie sagt, ein Wort ei­ne Waf­fe sein kann, aber auch als Ko­se­na­me ge­nutzt wer­den kann. Wor­te po­si­tiv auf­wer­ten ist ei­ne po­li­ti­sche Stra­te­gie, auch neue Wör­ter er­fin­den. Weg von den „Scham“-Begriffen. Die «Scham» strei­chen. Nicht «Ich ha­be Scham­haa­re», son­dern ein­fach «Haa­re», «Ich hab kei­ne Scham­lip­pen, ich ha­be Lip­pen«. Klei­ne und gro­ße Lip­pen – ein­fach falsch! Es gibt in­ne­re und äußere.

Sex durf­te lan­ge nur der Fort­pflan­zung dienen

Ero­ni­te   Da gibt es ei­nen wich­ti­gen Punkt, der mir bei dir auf­ge­fal­len ist: Der Hu­mor. Da hab ich ei­ne Fra­ge, ge­nau da­zu: Im­mer wie­der ha­be ich das Ge­fühl, dass so­bald es um Sex geht, ei­ne Ernst­haf­tig­keit mit­schwingt, die völ­lig un­an­ge­mes­sen ist. Bes­tes Bei­spiel ist für mich Char­lot­te Ro­che, die mich mit ih­ren Bü­chern zum La­chen ge­bracht hat wie zu­letzt Dou­glas Adams. Aber in den Me­di­en und In­ter­net­kom­men­ta­ren wur­de sie zer­ris­sen und schein­bar hat nie­mand ih­ren Schalk mit­be­kom­men. Was ist das? Ist das ein­fach nur deut­sche Hu­mor­lo­sig­keit, sind das Res­te re­li­giö­ser Dog­men, Angst da­vor sich lä­cher­lich zu ma­chen, weil man ei­ge­ne Lust ver­ber­gen will? Was denkst du?

Lau­ra   Da steckt ei­ne po­li­ti­sche Sa­che da­hin­ter. Ge­lacht wird von oben nach un­ten. Sex ist ei­ne ernst­haf­te Sa­che für die Macht­ha­ben­den, die Kon­trol­le aus­üben wol­len, Pri­vi­le­gi­en hal­ten möch­ten und Be­völ­ke­rungs­po­li­tik aus­üben. Sex durf­te lan­ge nur der Fort­pflan­zung die­nen. Spaß nicht er­laubt, Ab­trei­bung nicht er­laubt. Das hat sich li­be­ra­li­siert. Wir ha­ben im­mer noch ei­ne recht star­re, pa­tri­ar­cha­le De­fi­ni­ti­on von Sex, aber es brei­tet sich aus, dass al­les okay ist, wenn es für die Mit­ma­chen­den okay ist.

Interview: Wenn die Grenze beim Sex verschwindenEro­ni­te   Ja, es be­wegt sich ei­ne Men­ge. Aber müss­te man nicht et­was frü­her an­set­zen? Müss­te es nicht schon in Kind­heits­ta­gen los­ge­hen, dass der ro­sa Kin­der­wa­gen für die klei­nen Mäd­chen ein für al­le mal aus der Welt ver­schwin­det? Dass das Kind ent­schei­det, was es spie­len will?
Lau­ra   Klar. Da ge­be ich dir das Stich­wort «Adul­tis­mus». Da geht es um Dis­kri­mi­nie­rung von Kin­dern durch Er­wach­se­ne. Ich fin­de das sehr zu­tref­fend, weil Kin­der wirk­lich zu­ge­rich­tet wer­den. Ob das nun Be­schnei­dung ist oder Gen­der­zu­wei­sun­gen. Aber du musst erst die Er­wach­se­nen da­zu brin­gen, das nicht mehr zu tun. Dar­um: Gleich­zei­tig auf al­len Ebe­nen ansetzen.

Ich schaue auf mei­nen Fra­gen­zet­tel, und be­mer­ke, dass ein­fach im Ge­spräch al­les be­ant­wor­tet wor­den war.
Ero­ni­te   Ich glau­be, es ist…
Lau­ra   …voll­bracht?

Al­le Be­stand­tei­le des Kraft­wer­kes na­mens Kli­to­ris beschrieben

Ero­ni­te   Ja. Ab­schlie­ßend nur noch die Fra­ge: Was macht Lau­ra Mé­ritt als nächstes?
Lau­ra   Ich ha­be wie­der ein Buch her­aus­ge­bracht. Es heißt „Frau­en­kör­per neu ge­se­hen“, ei­ne Klas­si­ke­rin aus den 70ern/​80ern, aus der Frau­en­ge­sund­heits­be­we­gung. Es geht um die Be­schrei­bung der weib­li­chen Se­xu­al­ana­to­mie und da es im­mer noch kei­ne Dar­stel­lung der kom­plet­ten weib­li­chen Se­xu­al­ana­to­mie gibt, we­der in den Schul­bü­chern noch in den Ana­to­mie- oder Lehr­bü­chern im Stu­di­um, gibt es die­se Neu­auf­la­ge. Ent­we­der fehlt die Pro­sta­ta oder das Schwell­ge­we­be, es gibt kei­ne Ver­bin­dung zur Ge­bär­mut­ter etc. Die Kli­to­ris wird als die «klei­ne Per­le» ge­zeich­net, es gibt kei­ne eri­gier­te Kli­to­ris, die Va­gi­na ist ein lan­ger of­fe­ner Schlauch. In dem Buch wer­den al­le Be­stand­tei­le des Kraft­wer­kes na­mens Kli­to­ris be­schrie­ben und in Zu­sam­men­hang zu­ein­an­der ge­bracht. Da­mit Du wirk­lich Vor­stel­lun­gen ent­wi­ckeln und das in der Se­xua­li­tät ein­set­zen kannst. Ei­ne Grund­la­ge, die sich an al­le Ge­schlech­ter rich­tet. Ich wün­sche mir, dass das in die Schu­len kommt.

Ero­ni­te   Ja, das wä­re was. Mir hat da­mals nie­mand ir­gend­was über mei­nen Kör­per er­klärt und schon gar nicht über den Kör­per der Frau. Ich muss­te mir al­les müh­sam zu­sam­men su­chen. Das Buch wer­de ich mir kau­fen! Lau­ra, ich dan­ke für das Interview.

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